Sony: "HDTV wird bis dato nur in homöopathischen Dosen gesendet"
[ab] Leipzig - Im Rahmen der Aktion HDTV JETZT! standen Entscheider und Macher der Branche Rede und Antwort.
Auch Industrie und Politik üben Kritik an den Plänen der Öffentlich-Rechtlichen, erst 2010 HDTV ausstrahlen zu wollen. Zum Thema äußerte sich gegenüber DIGITAL FERNSEHEN Manfred Gerdes, Geschäftsführer von Sony Deutschland.
Manfred Gerdes, Geschäftsführer Sony Deutschland
DF: ARD und ZDF wollen erst 2010 HDTV ausstrahlen. Wie wirkt sich die späte HDTV-Einführung Ihrer Meinung nach auf den "Standort Deutschland" aus?
Gerdes: Weder die öffentlich-rechtlichen noch die privaten Sender treiben den HDTV-Standard in Deutschland im gewünschten und notwendigen Maße voran. Die ProSiebenSat1 Media AG sendet in aufwärtskonvertiertem Standard und natives HDTV bisher nur in homöopathischen Dosen. Von der RTL-Gruppe gibt es keinerlei Aussagen, die auf eine Einführung in naher Zukunft schließen lassen. Es ist bemerkenswert, wie zurückhaltend sowohl öffentlich-rechtliche als auch private Sendeanstalten die Chance High-Definition ergreifen. Der erste wesentliche Technologiewechsel seit der Einführung des Farbfernsehens hat sich international als Wachstumsmotor erwiesen. Warum sollte man diese Chance in Deutschland nicht auch nutzen? Hochauflösendes Fernsehen wird derzeit nur von Premiere konsequent angeboten. Deutschland ist im internationalen Vergleich weit zurück. Für den Standort Deutschland hat diese zögerliche Haltung definitiv Konsequenzen: Ungenutzte wirtschaftliche Potenziale und Verlust der einstigen Vorreiterrolle in Sachen Innovation und Technologie-Standards.
DF: Was bedeutet es ganz speziell für Ihr Unternehmen?
Gerdes: Die gesamte CE-Industrie könnte ein schnelleres Wachstum erzielen, wenn das Angebot an Programminhalten in HDTV größer wäre. In naher Zukunft werden ausschließlich HD-ready bzw. Full-HD-Fernseher im Handel erhältlich sein. Auf all diesen Geräten kann der Zuschauer heute in der Regel nur ein Standard-PAL Signal sehen, welches die eigentliche Qualität der neuen TV-Geräte deutlich unterfordert. Um hochauflösenden Filmgenuss in vollem Umfang genießen zu können, kann der Konsument derzeit nur auf entsprechende Abspielgeräte wie die PlayStation3 oder Blu-ray Player zurückgreifen. Der Übertragungsweg TV bleibt bis auf die Premiere HD-Channels weitgehend ungenutzt. Gewinner werden die TV-Sender sein, die dem Zuschauer das größt- und schnellstmögliche Angebot an hochauflösenden Inhalten bieten.
DF: Die Öffentlich-Rechtlichen argumentieren mit steigenden Kosten durch HDTV. Können Sie diese Argumentation nachvollziehen?
Gerdes: Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten haben den klar definierten Auftrag der inhaltlichen Grundversorgung. Damit muss nach unserem Verständnis auch technologische Innovation einhergehen, um dieses Modell zukunftssicher zu gestalten. Auf der Produktionsseite sind die Anschaffungen weitgehend getätigt und der Markt wird sich aufgrund des vorhandenen Preisdrucks relativ schnell regulieren, dh. HD-Produktionen werden den jetzigen SD-Standard zu fast identischen Kosten ablösen.
DF: Was wünschen Sie sich von ARD und ZDF?
Gerdes: Ich wünsche mir von allen TV-Sendern eine schnelle und verbindliche Entscheidung für das Fernsehen der Zukunft. Es reicht nicht, in Sachen HDTV auf ein Sportereignis im Jahr 2010 zu verweisen. Was kommt danach - die Rückkehr zum "Standard-TV"? Wir brauchen in Deutschland eine nachhaltige und konsequente Umstellung auf HDTV und ein klares Committment aller Sendeanstalten. Wir dürfen den Zug HDTV nicht verpassen – dafür müssen Industrie und TV-Sender Hand in Hand arbeiten.
Wollen auch Sie die Entscheider von ARD und ZDF aus ihrem Winterschlaf in Sachen HDTV holen? Dann machen Sie mit bei der Aktion HDTV JETZT! Hier können Sie teilnehmen und erfahren alles Wichtige rund um die Initiative von DIGITAL FERNSEHEN, HD+TV, DIGITAL TESTED und NEMO.
Quelle: digitalfernsehen.de