Es wird Zeit, mal wieder einen treuen Begleiter aus der Kategorie Unterhaltungselektronik zu würdigen. Heute ist der "Schrecken aller Zapper" dran, die D-Box 2,
>>>Was ist die D-Box 2?<<<
Die D-Box wurde im Auftrag vom ersten digitalen Pay-TV Sender, DF-1 (später Premiere World, jetzt einfach nur Premiere), von Nokia entwickelt und gebaut. Nach einigen Modifikationen wurde die D-Box 2 draus, und die Fertigung wurde neben Nokia auch durch Philips und Sagem durchgeführt.
Im Prinzip ist die D-Box 2 eine ganz normale Set-Top-Box, wie man neudeutsch Satelliten-Receiver nennt, seitdem man solche Boxen nicht mehr nur für Sat braucht. Sie wird in Ausführungen für Kabel (DVB-C) und Satellit (DVB-S) angeboten. Da allerdings "Fertigkost" für digitale Set-Top-Boxen noch rar gesäht war (die D-Box und D-Box 2 sind Pioniere des digitalen Fernsehempfangs und hatten anfangs nahezu keine Konkurrenz), entwickelte man einen kleinen Computer, der mit Spezialkomponenten wie einem Tuner á la TV-Karte und einem MPEG-Decoder zur Erzeugung des Bildes ausgestattet war. Das Herzstück dieses Mini-Computers ist eine PowerPC CPU von Motorola, je nach Ausführung der Box mit einer Taktrate zwischen 50 und 66MHz.
>>>Was kann die D-Box 2 im Urzustand?<<<
Wie ich bereits erwähnte, ist die D-Box 2 ein normaler Sat-Receiver mit Smartcard-Leser fürs Pay-TV. Und so bedient sie sich auch. Mit einer Ausnahme: Der Installationsassistent läuft nicht sauber durch, wenn keine Smartcard steckt. Da man von Premiere keine Dummykarten gestellt bekommt, ist man je nachdem leicht aufgeschmissen, wenn man die D-Box Installation später, wenn man das Premiere-Abo gekündigt hat, noch mal durchlaufen lassen muss.
Kartenleser 1 ist für die Abokarten bestimmt. Dieser unterstützt das ehemalige Verschlüsselungssystem Betacrypt, sowie das neue System NagraAladin, ein durch Betacrypt getunneltes Nagravision. Wer sich jetzt freut eine zweite Abokarte nach diesem System zu haben, der sei enttäuscht: Kartenleser 2 wurde nämlich ursprünglich auf "Geldkarte" getrimmt und sollte für künftige Pay Per View Möglichkeiten genutzt werden. Ich nehme eine Erkenntnis aus der Linux-Welt vorweg: Zwar erkennt Linux die Abokarte in Slot 2, kann sie aber nicht ansprechen. Eine theoretische Möglichkeit gibt es zwar, auch den zweiten Kartenleser für weitere Abokarten zu nutzen, aber diese gibt es nur unter Linux und sie wird nicht durch die großen Image-Distributoren (Jack the Grabber, Yadi) unterstützt, da sie nicht ganz legal ist (verletzt Lizenzen von Verschlüsselungssystemherstellern) und einen Eingriff in die Hardware erfordert.
Positiv anzumerken ist das große, informative Display. Negativ anzumerken ist... na ja... der Rest.
Eine Besonderheit bei der D-Box ist der Deep Standby Modus. In diesen versetzt man die Box, indem man den Standby-Knopf der Fernbedienung lange und nicht nur kurz drückt. Nach dem Deep Standby ist, wie nach einem Stromausfall, ein erneuter Bootvorgang nötig. Dieser dauert mehrere Minuten.
Das Umschalten zwischen normalem Standby und Betrieb dauert jeweils etwa 5 Sekunden und somit auch lange. Auch das Zappen kann 5-10 Sekunden dauern, das Umschalten zwischen Radio- und Fernsehmodus sogar über 15 Sekunden. Diese Zeiten sind in keinster Weise der DVB-Norm würdig, die zwar prinzipbedingt Umschaltzeiten von 1-2 Sekunden mitbringt (da der Receiver nach dem Umschalten auf ein Vollbild warten muss, das etwa alle halbe bis eine Sekunde gesendet wird), mehr aber auch nicht.
Ich will mich nicht weiter über die originale D-Box auskotzen, das würde viel zu lange dauern und zu keinem Ergebnis führen. Die schlechte Originalsoftware Betanova vermiest das gute Konzept der Box, die sogar über einen LAN-Anschluss verfügt, der in der Originalsoftware allerdings ohne jede Funktion ist.
>>>Linux auf die Box - So gehts<<<
Diese Anleitung fasse ich etwas allgemeiner, da die Arbeitsschritte nicht ganz ungefährlich sind. Wer auf Nummer Sicher gehen will, sollte die Box vom Profi modden lassen. Dabei auch nicht jeden Cent sparen (einige Anbieter gerade bei Ebay sind Privatpersonen die ohne Rechnung und ohne Garantie arbeiten, gewerbliche Anbieter sind zu empfehlen, da sie einen reibugnslosen Ablauf garantieren müssen), 15 Euro sind nicht viel Geld gemessen an den erzielbaren Gebrauchtpreisen der D-Box.
Es gibt zwei Basissysteme, Neutrino und Enigma. Beide werden von unterschiedlichen Gruppen verfeinert und als Image zum Download angeboten (z.B. Jack the Grabber und Yadi). JtG bietet zum Beispiel Neutrino und Enigma an. Gängig sind Neutrino, ob JtG oder Yadi ist Geschmackssache, ich nutze letzteres.
Um Linux auf die D-Box zu kriegen, muss diese in den sogenannten Debug-Modus geschaltet werden. Das geht einmal mit Hilfe eines Teiles des Betanova-Bootloaders am PC per seriellem Kabel (da dieser urheberrechtlich geschützt ist, findet man ihn nicht zum Download und bekommt ihn von anderen Usern auch nicht ausgehändigt - außer man lässt die D-Box professionell umbauen, dann bekommt man auch eine CD mit einem Backup der originalen Betanova-Software ausgehändigt in der auch der Bootloader zu finden ist), oder über einen Hardware-Hack (zwei Pins beim Einschalten kurzschließen). Nachteil: Mit der Software-Methode kann man den Bootloader auf der Box abschießen, worauf hin sie nicht mehr bootbar ist, und mit der Kurzschluss-Methode kann man die Hardware beschädigen. Ersteres können die Profi-Modder noch beheben (lassen sie sich aber gut was kosten), letzteres nicht.
Hier kommt der wichtigste Teil: Die Betanova-Software für alle Fälle komplett sichern. Besonders wichtig sind dabei die sogenannten uCodes (das u steht für das griechische µ "mü", das in der Physik für die Einheit "mikro" verwendet wird, uCodes steht also kurz für Microcodes) die zum Avia MPEG-Decoder-Chip und zum Smartcard-Leser gehören. Diese sind urheberrechtlich geschützt, und wenn man sie nicht sichert ist kein Drankommen mehr. Sie sind aber nicht nur für Betanova nötig, auch Linux benötigt die uCodes für den späteren Betrieb, sonst bleibt das Bild grün (MPEG-Decoder tuts nicht) und/oder die Kartenleser laufen nicht mehr und es geht kein PayTV mehr.
Dann wird Linux per seriellem Kabel und Netzwerk hochgeladen und im Flash-Chip entpackt. Sobald Linux läuft müssen noch die uCodes hochgeladen werden, dann kommt auch wieder Bild und PayTV.
Wie gesagt: Den Umbau lieber machen lassen, kann gesünder sein.
>>>Die Features von Linux<<<
Hier fängts an, interessant zu werden. Im Prinzip ist die Linux-D-Box vom Look and Feel her weiterhin ein normaler Sat-Receiver und bedient sich auch so. Features wie der Jugendschutz (PIN-Abfrage bei Altersvorsperrung) und die Bild-/Tonregie z.B. bei Sportübertragungen bleiben auch erhalten.
Der elektronische Programmführer EPG wird im Hintergrund geladen sobald man auf ein Programm startet (für das gesamte Bouquet, also wenn man beispielsweise Premiere Start einschaltet für alle Premiere-Sender, oder wenn man auf Sat1 schaltet für Pro7, Sat1, Kabel1, ...) und reicht im Idealfall für mehrere Tage im Voraus.
Das interessanteste an der D-Box: Die digitale Aufnahme. Hier gibt es mehrere Modi:
- Streaming klassisch: Hier nimmt man eine Streamingsoftware, z.B. Jack the Grabber (stammt vom gleichem Team und heißt dementsprechend genauso wie das Image) und clickt auf Aufnahme bzw. lässt die Software timergesteuert die Aufnahme starten. Hier sagt die Software "Hallo D-Box ich will aufnehmen" und die D-Box fängt an, das laufende Programm als Datenstrom zu senden. Die Software muss es nur noch auf die Platte schreiben, das Ergebnis ist danach reif für die DVD.
- Streaming per Streamingserver: Im Prinzip läuft das genauso. Nur bietet die Software (z.B. Jack the Grabber) hier einen sogenannten Streamingserver an. Die Timerprogrammierung erfolgt nicht in der Software, sondern in der Box. Die Box gibt der Software per Netzwerk einen kurzen Trigger "Die Sendung fängt gleich an", anschließend veranlasst die Software das Streaming wie beim klassischen Streaming.
- Speichern auf einem Netzlaufwerk: Die D-Box 2 mit ihrem LAN-Interface kann nicht nur Daten an eine Streamingsoftware senden, sondern auch Netzlaufwerke "einhängen" (mounten). Dies kann per SMB (Server Message Block, das Windows Standard-Netzprotokoll) oder NFS (Network File System, aus der Linux-Welt und etwas performanter) erfolgen. Dieses Laufwerk ist dann ein Ordner im Linux-Dateisystem der D-Box. Diese kann als Speicherort für Filme angegeben werden. Der Timer wird an der D-Box eingestellt, sie schreibt dann bei Aufnahme per Netzwerk auf das Laufwerk. Bedenkenswert wäre hierfür die Anschaffung eines NAS (Network Attached Storage, Mini-Dateiserver im Format eines externen Festplattengehäuses, gibt's z.B. von Icy Box). So muss der PC nicht immer mit laufen.
- Speichern auf eingebauter Festplatte: Der neueste Hit: Eine Festplatte in der D-Box. Dafür braucht man ein IDE-Interface (50 Euro) und eine Festplatte, sowie ein aktuelles IDE-fähiges Linux-Image (beim Update gilt wieder: uCodes sichern und danach zurückspielen!). Look&Feel (Dateisystem in der D-Box, Timer in der D-Box) ist das gleiche wie beim Netzlaufwerk. Die Daten können später per FTP heruntergeladen werden.
Weitere lustige Features:
- Spiele: Lemmings, Pacman, Tetris, ... - Die Klassiker am Fernseher per D-Box Fernbedienung
- Outdoor-Modus: Das Bild wird auf das interne Display gezaubert. Es erfordert allerdings verdammt viel Fantasie, darauf was zu erkennen.
- Satfinder-Modus: Hier werden auf dem internen Display detaillierte Daten über die Empfangsstärke angezeigt, was es ermöglicht, die D-Box als Satsucher einzusetzen. Man braucht auf dem Dach nur eine Stromversorgung.
- Technische Informationen zum Programm: Die aktuelle Empfangsstärke des Programmes, die Bitrate, die Auflösung, welche Tonspur? Hier bleibt nichts verborgen.
- LCDCirc: Zaubert lustige Kreise aufs Display
- Kalender: Ein Kalender in der D-Box: Keine wichtigen Termine mehr verpassen weil der Film so spannend ist.
- Dateisystemverwaltung (TuxBox Commander, im Stil des Norton Commanders und seines Linuxclons Midnight Commander)
- E-Mail Client: Etwas spärlich, aber benutzbar.
- Newsticker: Hab ich noch nicht näher erforscht
- VNC-Viewer: Holt über das bekannte Fernwartungsprogramm VNC das Bild eines Rechners auf den Fernseher (Rechner muss VNC-Server laufen haben
- Medienplayer: Kann MPEG-Videos, MP3-Sounds und JPEG-Bilder von Netzwerklaufwerken oder falls nachgerüstet der eingebauten Festplatte wiedergeben
- Interner Videotext-Decoder mit Seitenspeicher (selbsterklärend)
- Scart-Buchse als Eingang schalten (z.B. für eine "ausgeklügelte" Verkabelung mit einem Videorekorder)
>>>Die Features ausgenutzt im Alltag<<<
Hach ist das schön: Man drückt auf den Knopf - und sofort wird umgeschaltet. Die Tasten-Reaktionszeit und Tasten-Widerholzeit (bei gedrückt halten) kann sogar nach eigenem Gusto eingestellt werden, damit man beim Zappen nix überspringt.
Einmal richtig schnell, kann man Fernsehen, Radio, Spiele und all die alten und neuen Features richtig genießen.
Die Bedienung der Box ist dabei an das Original bzw. andere DVB-Set-Top-Boxen angelehnt. Kennt man eine, kennt man alle, also ohne irgendwelche Probleme.
Das Aufzeichnen per Streaming ist problemlos, wenns einmal läuft. Die Einrichtung ist aber kompliziert. Man muss die passende Aufnahme-Engine wählen (viele empfehlen UDRec, die läuft bei mir aber ums Verrecken nicht, ich bevorzuge ggrab), evtl. ein paar Parameter anpassen und sollte auch drauf achten, daß ja das "Sommerzeit"-Häkchen bei Jack the Grabber (der Streaming-Software) richtig geht, da der EPG sonst eine Stunde vorgeht und so gerade bei Serien mit kurzen Episoden der falsche Sendungstitel und der falsche Beschreiungstext gespeichert werden, oder gar die Timeraufnahme zum falschen Zeitpunkt startet.
Durch das neue Betriebssytem hat die Box unheimlich gewonnen und ist jetzt quasi ein Multimediacenter mit Kabel- bzw. Sat-Empfang. Schnelle Umschaltzeiten, die leichte Bedeinung und das Streaming-Feature sprechen für sich.
Kleiner Tip noch am Rande: Premiere hört die Begriffe "Enigma" und "Neutrino" nicht gerne, da einige Distributionen die Jugendschutz-Vorsperrung außer Kraft setzen (und man will ja "Vollerotik" anbieten dürfen). Wenn man also nach dem Receiver gefragt hat, D-Box und die Seriennummer geben und von Linux nix sagen. Wobei die glaub ich so froh um jeden Abonnenten sind, daß ihnen das mit Linux recht schnuppe ist, dadurch (durch die Möglichkeit, digital aufzuzeichnen) wird Premiere doch erst richtig attraktiv.
IST NICHT VON MIR
Habe ich im Netz gefunden sehr interessant