Weltklimarat zeichnet in seinem Abschlussbericht schon für 2015 ein düsteres Bild der Umwelt
[SIZE="1"]Ein Frachtschiff mit 153 000 Tonnen Kohle an Bord wird von Umweltaktivisten mit einem Gummischlauchboot vor der spanischen Küste aufgehalten. Bei der Verbrennung von Kohle entsteht besonders viel klimaschädliches Kohlendioxid. Das Gas CO2 wird maßgeblich für die Erderwärmung und somit das Ansteigen des Meeresspiegels verantwortlich gemacht[/SIZE]
Valencia - UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat die politischen Führer der Welt eindringlich aufgerufen, die Gefahren des Klimawandels schnellstmöglich und mit aller Entschiedenheit zu bekämpfen. "Die schlimmsten Szenarien des Weltklimarats sind so angsterregend wie ein Sciencefiction-Film", sagte er bei der Präsentation der Zusammenfassung des diesjährigen Weltklimareports am Samstag in Valencia. "Die Nachricht kann nicht einfacher sein", sagte Ban: "Die Gefahren sind real und können einfach bekämpft werden."
Der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Weltklimarat (IPCC) hatte in seinem Synthesebericht die zentralen Erkenntnisse der drei vorangegangenen Berichte zum Klimawandel zusammengefasst und beängstigende Szenarien gezeichnet: Der Mensch steht als Ursache des Klimawandels praktisch fest; die Temperaturen werden bis zum Jahr 2100 zwischen 1,8 und vier Grad gegenüber 1990 ansteigen, weltweit wird es immer mehr Hitzeperioden, Dürren und Überschwemmungen geben. Die Folgen dieses Wandels werden nach Einschätzung der Experten "plötzlich oder unumkehrbar" sein.
Die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Berichts müssten nun bei der UN-Klimakonferenz im Dezember auf Bali in konkrete politische Handlungsanweisungen umgesetzt werden, forderte Ban. Dort solle ein Weg zur Reduktion der Treibhausgase starten, dem alle Länder zustimmen könnten. Er verlangte, dass die Verhandlungen bis 2009 abgeschlossen sein müssten. "Es gibt keine Zeit mehr zu verschwenden. Die Forscher haben klar und mit einer Stimme gesprochen." Dies erwarte er nun auch von den Politikern. Der Chef des IPCC, Rajendra Pachauri, sagte, dass nur noch bis zum Jahr 2015 Zeit bleibe, die Freisetzung der Treibhausgase zu bremsen. Dann aber müsse das Maximum des Ausstoßes spätestens erreicht sein. "Glücklicherweise hat die Menschheit einige Möglichkeiten, zu handeln." Zugleich warnte er: Selbst wenn die Konzentration von Kohlendioxid (CO2) auf dem Stand von heute bliebe, werde das den Meeresspiegel auf Jahrhunderte hinaus nicht stabilisieren. Zudem hätten sich seit den 70er-Jahren die Dürregebiete vergrößert. Der neue Bericht nennt als besonders gefährdete Regionen unter anderem die großen Flussdeltas Asiens und Afrikas. 20 bis 30 Prozent der bekannten Arten seien in Gefahr auszusterben, sagte Pachauri.
Mit Blick auf das 23-seitige, mit Grafiken, Fußnoten und Daten eng beschriebene Dokument sagte der Chef des UN-Umweltprogramms, Achim Steiner, dass es nun ultimativ auf jeden einzelnen Bürger ankomme, die darin genannten Möglichkeiten zur CO2-Verringerung umzusetzen. Nach Ansicht der Umweltorganisation Greenpeace gibt der Report Grund zur Besorgnis. "Wer sich jetzt noch weigert, die CO2-Notbremse zu ziehen, setzt das Leben unzähliger Menschen und Tiere aufs Spiel. Ausreden lässt der Bericht nicht mehr zu", sagte Greenpeace-Klimaexpertin Gabriela von Goerne.
Nach der Vorlage des Abschlussberichts war über die Schlussfolgerungen des Dokuments Streit entbrannt. Die USA betonten, es gebe keine eindeutige wissenschaftliche Definition der Risiken des Klimawandels. Kritiker hatten den USA zudem vorgehalten, sie hätten bei den Verhandlungen in Valencia versucht, den Klimabericht zu verwässern. Der Berater des Weißen Hauses für Umweltfragen, Jim Connaughton, sagte jedoch, trotz der fehlenden Definition seien die USA wie die anderen G-8-Staaten auch der Meinung, dass gehandelt werden müsse. Allerdings nannte er keine konkreten Zahlen oder Daten beim Vorgehen gegen die Erderwärmung. Die USA lehnen strenge Vorgaben für die Emission von Treibhausgasen ab, das Land hat das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert.