Unterschiedliche Preise für Normal- und Superbenzin wird es an deutschen Tankstellen künftig nicht mehr geben. Marktführer Aral ebnete den Preisunterschied von einem Cent je Liter bundesweit ein. Die Autoverbände sehen darin den Versuch, auf Umwegen die Gewinne zu maximieren.
"Wir haben den Preis für Superbenzin um einen Cent gesenkt", sagte Unternehmenssprecher Detlef Brandenburg in Bochum. Das sei zurückzuführen auf die Entwicklung der Einkaufspreise am europäischen Ölmarkt in Rotterdam. Im Durchschnitt dieses Jahres hätten sich die Preise für Normal- und Superbenzin im Einkauf nur um 0,2 Cent je Liter unterschieden. Eine Tonne Superbenzin kostet in Rotterdam gegenwärtig 802 bis 803 Dollar, eine Tonne Normalbenzin 803 bis 804 Dollar. Benzin kostet damit im bundesweiten Durchschnitt etwa 1,40 Euro je Liter, Diesel 1,32 Euro. "Damit stellt sich die Frage, warum noch jemand Normalbenzin tanken sollte", sagte Chefredakteur Rainer Wiek vom Hamburger Energie- Informationsdienst EID. Bei Preisgleichheit könne der Verbraucher gleich das höherwertige Superbenzin kaufen; der Kauf von Normalbenzin bringe keinen finanziellen Vorteil mehr mit sich. Die Mineralölkonzerne weisen bislang die Vermutung von sich, sie wollten Normalbenzin im deutschen Markt abschaffen. "Wir sehen keinen Grund dazu", sagte Shell-Sprecherin Cornelia Wolber. Noch tanke jeder vierte Benzin-Kunde Normalbenzin.
Das "Aus" für Normalbenzin
Automobilverbände kritisierten den Schritt von Aral. ADAC-Sprecher Andreas Hölzel: "Klar ist, dass die Konzerne permanent das Maximum an Profit herausholen wollen. Deshalb wird Normal eher verteuert und dem Preis für Super angenähert - und nicht umgekehrt." Der Auto Club Europa (ACE) sieht in der Einebnung der Preisdifferenz bei Normal- und Superbenzin "einen erneuten Versuch der Mineralölwirtschaft, zu Lasten der Verbraucher Kasse zu machen". ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner sagte am Freitag in Stuttgart, die von den Ölmultis gelieferte Begründung für die Verteuerung von Normalbenzin sei eher vorgeschoben und könne daher kaum überzeugen. "In Wahrheit geht es doch darum, Gewinne zu maximieren und den rückläufigen Benzinabsatz auf dem deutschen Markt zu kompensieren." Die Unternehmen wiesen das zurück. Es sei kundenfreundlich, den Superpreis zu senken. Der Unterschied zu teureren Benzinsorten wie Super plus betrage nun nicht mehr sechs sondern sieben Cent je Liter.
Der Rest der Branche folgte Aral zunächst nur zögerlich, doch wird sich nach Einschätzung von Experten keine Tankstelle dem Sog des Marktführers entziehen können. Der zweitgrößte Tankstellenbetreiber Shell verringerte den Abstand auf einen halben Cent und verlangt damit hinter dem Komma der Preisangabe nicht neun sondern vier Zehntelcent. Derartige Versuche hat es in der Vergangenheit bereits mehrfach gegeben, zum Beispiel bei der Euro-Umstellung. Sie sind jeweils schnell gescheitert. ExxonMobil (Esso) erklärte, das Unternehmen analysiere noch die Lage. Bei Total hieß es, die lokalen Märkte würden beobachtet und je nach Konkurrenzlage die Preise angepasst. An etlichen Total-Stationen kosten Super und Normal bereits das gleiche.
Der Stoff für die Altwagen
Insgesamt hält Normalbenzin einen Anteil von 26 Prozent am Absatz von Otto-Kraftstoffen. In den ersten zehn Monaten dieses Jahres ging der Absatz gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres um 4,8 Prozent auf 4,97 Millionen Tonnen zurück. Otto-Kraftstoffe sind generell rückläufig, weil der Anteil von Diesel-Fahrzeugen stetig steigt. Der Absatz von Normalbenzin geht noch stärker zurück, weil die meisten Neuwagen mit Superbenzin betankt werden müssen. Normalbenzin mit 91 Oktan ist in Europa nur noch in Deutschland und Österreich sowie außerhalb Europas in den USA auf dem Markt. Die frühere Preisdifferenz von zwei Cent je Liter war bereits im Frühjahr halbiert worden.