[FONT="Arial Black"][SIZE="4"]Schweizer verschenken Online-Backup[/SIZE][/FONT]
Speicherplatz satt und kostenlos: Verteilte Datenspeicher auf Peer-to-peer-Basis sind eine clevere Alternative zu virtuellen Online-Festplatten. Die Technik ist nicht unumstritten: Die Angebote können auch zu illegalem Filesharing missbraucht werden.
Nutzer stellen einen Teil ihrer Festplatte Anderen zur Verfügung und erhalten im Gegenzug selbst virtuellen Speicherplatz, auf den sie überall zugreifen können. Das Schweizer Unternehmen Wua.la (die Top-Level-Domain gehört zum asiatischen Kleinstaat Laos) hat so ein dezentrales Speichersystem auf Peer-to-Peer-Basis entwickelt, das die brachliegenden Ressourcen heimischer Computer verwendet.
Die Idee ging aus einem Forschungsprojekt an der Technischen Universität Zürich hervor. Anstatt Festplattenkapazität bei einem kommerziellen Anbieter anzumieten, erhalten User bei Wua.la kostenlos beliebig viel virtuellen Speicherplatz - indem sie im Gegenzug Kapazität auf dem eigenen Rechner frei machen.
Der Speicherdienst befindet sich in der geschlossenen Alpha-Phase, an der schon mehr als tausend Nutzer teilnehmen und für die man sich auf der Website bewerben kann. Das Prinzip von Wua.la – der Name leitet sich vom französischen "voilà" ("hier ist es") ab - ähnelt dem von BitTorrent-Tauschbörsen:
Dateien werden nicht auf einem Server abgelegt, sondern von Nutzer zu Nutzer distribuiert. "Wir unterscheiden uns jedoch von Filesharing-Börsen", erläutert der 26-jährige Dominik Grolimund, einer der zwei Firmengründer. Die Wua.la-Methode beschreibt Grolimund so: "Indem wir die Datei, bevor sie hochgeladen wird, verschlüsseln und dann in Stücke aufsplitten."
Geheimnisvolle Codes
So wird beispielsweise ein Foto in hundert Stücke aufgeteilt und mittels sogenannter Erasure Codes zusätzlich etwa um den Faktor 5 fragmentiert. Diese 500 Fragmente, die auf beliebig vielen Festplatten verteilt werden, sind redundant. Beim Herunterladen spielt es dann keine Rolle, aus welchen 100 Fragmenten sich das Foto wieder zusammensetzt. Auf diese Weise soll gewährleistet bleiben, dass eine Datei zu jeder Zeit in ihren Originalzustand zurückversetzt werden kann. Anders als beim BitTorrent-Filesharing würde bei Online-Speicherdiensten kaum jemand darauf warten wollen, dass genügend Nutzer online sind, um an seine Daten zu gelangen.
Grundsätzlich erhält jeder Nutzer ein Gigabyte Speicherplatz gratis. Benötigt er mehr, muss er seinerseits Speicherplatz tauschen. Die Rechnung ist einfach: Die zur Verfügung gestellte Speichermenge wird mit der Online-Zeit multipliziert. Gibt jemand zehn Gigabyte auf seinem Rechner frei und ist den halben Tag online, also fünfzig Prozent der Zeit, erhält er fünf Gigabyte Online-Speicher als Gegenleistung.
Bis in einigen Monaten eine offene Beta-Version an den Start geht, arbeitet Wua.la zusätzlich mit eigenen Servern. "Das System funktioniert momentan auch ohne Peer-to-peer", versichert Grolimund. "Doch je mehr Leute teilnehmen, desto weniger Serverplatz wird gebraucht."
Illegales Webhosting
Vergleichbare Sharehoster sind unter Netzkommunarden derzeit ebenso angesagt wie in der Öffentlichkeit in Verruf geraten. Augenscheinlich wird der virtuelle Speicherplatz nicht immer nur dazu genutzt, um an einem anderen Ort auf die eigenen Daten zuzugreifen, sondern bisweilen auch zu illegalen Tauschzwecken.
Abhängig von der Tageszeit verursachen Tauschbörsen bis zu 95 Prozent des weltweiten Datenverkehrs. Es nimmt kaum wunder, dass ein Sharehoster wie Rapidshare laut Datenauswertungsunternehmen Alexa auf Platz elf der am häufigsten aufgerufenen Webseiten liegt. Bestimmt nicht nur wegen der dort hinterlegten Urlaubsfotos, die per Direct-Download-Link von Freunden aufgerufen werden können.
Das Peer-to-Peer-Netzwerk Freenet 0.7 – nicht zu verwechseln mit dem deutschen Mail-Anbieter – hat sich von vorneherein auf anonymes Dateitauschen spezialisiert. Offiziell gestartet, um die Zensur in Ländern mit restriktivem Internetzugang zu umgehen, ist das "globale Darknet", wie der Anbieter einmal genannt wurde, inzwischen als freizügige Tauschbörse bekannt, in der Nutzer anonym urheberrechtlich relevantes Material verschlüsselt an "Freunde" weitergeben.
Angestrebte Seriosität
Bei Wua.la will man woanders hin, kann sich aber gegen den Missbrauch der eigenen Dienstleistung nicht vollständig wehren. "Es ist uns wichtig, dass Wua.la eine legale Plattform wird", erklärt Grolimund. "Wir entfernen urheberrechtlich geschütztes Material." Dies ist aber nur im öffentlichen Bereich möglich, wo die Dateien frei einsehbar sind.
Nach einem Gerichtsurteil gegen Rapidshare brauchen Schweizer Betreiber nur auf Zuruf tätig werden, sobald man sie auf beanstandetes Material aufmerksam macht. Wird eine Datei bei Wua.la indessen als "privat" deklariert, verfügt allein der Anbieter darüber, wer sie zu Gesicht bekommt und herunterladen darf. Selbst die Betreiber bekommen davon nichts mit.
Noch ein weiterer Aspekt mag den unbedarften Teilnehmer beschäftigen: Was passiert, wenn andere Nutzer in großem Stil beispielsweise Hollywood-Streifen illegal distribuieren und Teile davon physisch auf der eigenen Festplatte lagern? Kann der Besitzer dann haftbar gemacht werden?
Seitens Wua.la heißt es dazu, dass es schwer vorstellbar sei, jemanden rechtlich zu belangen, der aufgrund der Verschlüsselung gar nicht wissen kann, was auf seiner Festplatte abgespeichert wurde. Leicht entnervt stöhnt Dominik Grolimund, dass durch solche Diskussionen die "Potentiale des verteilten Datenspeicherns nicht erkannt werden".