Ganz wichtige Menschen
Sie sind schon im Alltagsgeschäft der Bundesliga eine Qual - jene ungeheuer wichtigen Männer oder Frauen in Trainingsjacke und kurzer Hose, die an der Seitenlinie als übereifrige Sonderbewacher für aufmüpfige Trainer eingesetzt werden. Das Neu-Schiedsrichter-Deutsch nennt diese Menschen: Vierte Offizielle. Das klingt wunderbar nach Technik, nach Ablaufplan und Etikette. Soll es wohl auch.
Auf der großen Bühne der Europameisterschaft sind die Vierten Offiziellen noch viel wichtiger als in der Bundesliga. Während dort nur die ganz Beflissenen den Trainern bei jeder Annäherung an die Grenzen der Coaching Zone mit strengem Blick in den Weg grätschen, reicht bei der EM offenbar bereits die Tatsache aus, dass sich einer der Fußballlehrer von seinem Bänkchen erhebt.
Unverzüglich eilt der Vierte Mann (von Frauen war bislang im Turnier an der Seitenlinie nichts zu erblicken) zur Disziplinierung herbei. Unterwegs funkt er wahrscheinlich durch sein sehenswertes Sprechgerät am Kopf (deshalb: Headphone) den Hauptschiedsrichter an, der manchmal als oberster Richter an den Ort der schändlichen Tat schreitet, um dort ein hartes Urteil zu sprechen.
So wie der Herr Gonzalez, der die weithin als Trainer-Rabauken bekannten Hobby-Hooligans Hickersberger und Löw mit einem einstweiligen Berufsverbot belegte. Dafür bekommt er auch noch Beifall von Deutschlands Ober-Schiedsrichter Eugen Strigel. Da hält die Zunft zusammen, eisern und ohne Ansehen der Tatumstände.
Würde sie das tun, dann würde ihr vielleicht auffallen, dass so mancher Vierte Mann (von Frauen wieder mal nicht zu schreiben) in verhängnisvoller Überschätzung der eigenen Bedeutung mehr Provokateur als Schlichter ist. Kaum auszudenken, wenn der Vierte Offizielle des Deutschland-Spiels mal Dienst tut, wenn die Türkei antritt. Fatih Terim wird anschließend vermutlich auf Lebenszeit auf eine griechische Insel in der Ägäis verbannt.