Nach der Aufnahme eines weiteren Wüsten-Spektakels hat Deutschland die Hoffnung auf zwei Formel-1-Rennen in einem Jahr aufgegeben. "Das ist eine Frage der Finanzierung. Und solange sich Hockenheim und der Nürburgring auf alternierende Termine geeinigt haben, bleibt alles wie es derzeit ist. Ich bedauere das", sagte Mercedes-Sportchef Norbert Haug dem sid.
FIA-Vizepräsident Hermann Tomczyk (Rosenheim) sieht ebenfalls kaum Chancen für eine deutsche Doppel-Veranstaltung. "Interessenten für ein Formel-1-Rennen gibt es weit mehr als 20 und es werden immer mehr. Und dabei verlagern sich die Schwerpunkte Richtung Russland, in den arabischen oder asiatischen Raum", sagte der mächtigste Mann im deutschen Automobilsport dem sid. Tomczyk ist zudem seit Jahren ADAC-Sportpräsident und war bis vor wenigen Wochen Präsident des Deutschen Motor Sport Bundes (DMSB).
Bis 2006 fanden pro Saison noch zwei Grand Prix in Deutschland statt. Doch diese glorreichen Zeiten sind in der Ära nach Michael Schumacher wohl endgültig vorbei. Der Automobil-Weltverband (FIA) hat den WM-Kalender für 2009 um ein Rennen (Abu Dhabi) auf nun 19 WM-Läufe aufgestockt. Formel-1-Boss Bernie Ecclestone will weitere neue Märkte erschließen. Der Brite verhandelt mit Indien, Mexiko, Russland und Korea, Deutschland spielt bei in seinen Plänen keine Hauptrolle mehr.
Sinkende Zuschauerzahlen als Ursache
In Hockenheim versuchen die Verantwortlichen, das Beste aus der Situation zu machen. "Wir sind nicht unzufrieden mit der derzeitigen alternierenden Lösung. Unter den gegebenen Gesichtspunkten ist es die sinnvollste Lösung", sagte Jorn Teske, Marketingchef der Hockenheimring GmbH, dem sid.
Aufgrund der sinkenden Zuschauerzahlen und eines Verlustes in Millionenhöhe haben sich die einstigen Konkurrenten Hockenheim und Nürburgring zur Rotation entschlossen, um so den Formel-1-Standort Deutschland zu retten. Seit 2007 findet im jährlichen Wechsel nur noch ein Formel-1-Rennen auf deutschem Boden statt. In diesem Jahr ist am 20. Juli Hockenheim an der Reihe. "Es scheint ein bewährtes Modell zu sein, das sieht man ja an den Zuschauerzahlen", meint Teske.
Angesichts der Planspiele von Ecclestone geht in Deutschland nun sogar die Angst um, die Formel 1 in naher Zukunft vielleicht ganz zu verlieren. Daher fordert Haug klipp und klar: "Das Autoland Deutschland muss sich um den WM-Termin mindestens so mühen wie die internationale Konkurrenz." Den deutschen Veranstaltern werde aber einiges unnötig schwer gemacht, kritisiert der Mercedes-Sportchef: "Ein Bruchteil der Unterstützung, wie sie andere WM-Gastspiele hierzulande erfahren, würde schon helfen."
Fünf Fahrer, zwei Hersteller, aber nur ein WM-Rennen
Eine drohende Zitterpartie für Deutschland ist nur sehr schwer nachzuvollziehen. Denn das Autoland Nummer eins stellt die größte Streitmacht in der "Königsklasse": fünf Fahrer (Nick Heidfeld, Nico Rosberg, Sebastian Vettel, Timo Glock und Adrian Sutil) und zwei Hersteller (BMW und Mercedes).
Das sieht Teske genauso. Die Formel 1 gehöre nach Deutschland, das Land sei bei Fahrern und Herstellern so gut vertreten wie noch nie. "Es würde der Formel 1 nicht guttun, wenn es hier kein Rennen mehr gebe, das ist nicht vorstellbar. Deutschland ist ein Autofahrerland", sagt der Hockenheim-Marketingchef.
Haug begrüßt aber auch die Aufnahme Abu Dhabis in den Kalender. "Es besteht enormes Interesse an der Formel 1 in dieser Region. Abu Dhabi wird genauso weltweit im Fernsehen übertragen wie Melbourne, Hockenheim oder Nürburgring", meint der Mercedes-Sportchef. Bei dem Wüsten-Grand-Prix rechnet Haug sogar mit einem Zuschauerrekord, da die Premiere in Abu Dhabi am 15. November 2009 als WM-Finale über die Bühne geht. 19 Saisonrennen sind laut Haug nicht zuviel, auch wenn das Finale sehr spät stattfindet.
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