Der Australier Ian Usher hat seinen Besitz, seinen Job und seine Freunde bei Ebay versteigert. Die Ehefrau hatte ihn verlassen. Nun will Usher die Vergangenheit hinter sich lassen, noch einmal von vorne anzufangen: Das kennt Usher schon – er war vor sieben Jahren aus Großbritannien nach Australien ausgewandert.
Als neulich das Telefon klingelte und ihn der amerikanische TV-Sender CNN um ein Interview bat, da wurde Ian Usher zum ersten Mal klar, dass es kein Zurück mehr gibt. Ian Usher ist 44 Jahre alt, er liebt Britpop von Oasis, Jetskiing und die amerikanische TV-Serie "The Sopranos". Aber diese Spuren werden schon morgen verwischen wie Fußabdrücke am Strand. Ian Usher hat sein Leben bei Ebay versteigert.
Als die Frist am Sonntag um 14 Uhr australischer Zeit ablief, da hatte es der Grafik-Designer schwarz auf weiß: Sein Leben ist 399.300 australische Dollar wert, umgerechnet 245.000 Euro. Diesen Preis bot ein bisher unbekannter Ebay-Kunde, und er bekam dafür nicht nur ein komplett möbliertes Einfamilienhaus in einem Vorort der westaustralischen Stadt Perth, samt Ushers altem Mazda, seiner Kawasaki, seinem Jetski , einem TV-Gerät und DVD-Player mit allen sechs Staffeln der "Sopranos". In dem Paket enthalten sind auch sein Job und einige seiner Freunde. Jedenfalls kann der Käufer, wenn er mag, eine 14-tägige Probezeit bei Ushers letztem Arbeitgeber absolvieren, einem Teppichimporteur in Perth. Und sollte sich herausstellen, dass er weder mit Nachbarin Melanie noch mit Nachbar Ryan etwas anfangen kann, so haben sich die französische Webdesignerin und der junge Surfer zumindest bereit erklärt, ihm bei der Suche nach netten Pubs in Perth zu helfen.
Kein PR-Gag
Das klingt wie ein PR-Gag, und eigentlich ist er es auch. Allerdings keiner für das Internetauktionshaus Ebay, das sich jüngst schon mit dem Papst-Golf oder einem angebissenen Käsetoast mit eingebranntem Marienbild in die Schlagzeilen katapultiert hatte. Dieser PR-Gag ist einer in eigener Sache. Auf die Idee gebracht hat den Grafiker ein australischer Philosophiestudent, der sein eigenes Leben 2007 für 4500 Euro bei Ebay versteigerte. "Der Junge war ein bisschen verwirrt", sagt Usher im Telefongespräch mit der Welt. Er habe die Auktion als Akt der Konsumkritik deklariert. Dagegen, daraus macht Usher kein Hehl, geht es ihm ums Geld - und um die Aufmerksamkeit der Medien. Sie sollten ihm helfen, den Preis für seine Immobilie in die Höhe zu treiben.
Diese Rechnung schien anfangs aufzugehen. TV-Sender aus aller Welt widmeten ihm eigene Berichte. Zwischenzeitlich lag das höchste Gebot bei 1,4 Millionen australischer Dollar. "Es stammte von einem 15-jährigen Schuljungen aus England und war die Folge einer technischen Panne", seufzt Usher. "Die Jungs bei Ebay hatten es anfangs nicht geschafft, nur registrierte Kunden zuzulassen." Mit 399.300 Dollar hat der 44-Jährige jetzt deutlich weniger kassiert, als er gehofft hatte. 400.000 Dollar hätte er auf dem Markt schon alleine für das Haus bekommen, hatte er noch am Donnerstag gesagt. Glaubt man Usher, dann hat er es sich von dem Geld gekauft, das er sich einst als Schuttwagenfahrer in einer Goldmine erarbeitet hat. Ein Nest für sich und seine Frau Laura. Doch als es fertig war, habe ihn Laura verlassen. Das war 2006. "Und seither lebe ich in einem Haus, das für zwei gebaut war", sagt er.
Vergangenheit tut weh
Die Vergangenheit hinter sich lassen, noch einmal von vorne anzufangen: Wovon andere nur zu träumen wagen, das machte der gebürtige Brite wahr. Es war nicht das erste Mal, dass er alle Zelte hinter sich abbrach. 2001 war er, der sich bis dahin mit Jobs als Handyverkäufer oder Jetski-Verleiher durchgeschlagen hatte, mit seiner Frau nach Down Under ausgewandert. Es sei ein Experiment gewesen, sagt Usher. "Wir waren vorher noch nie in Perth. Wir haben gesagt, wir probieren es vier Wochen lang aus. Wenn es uns gefällt, bleiben wir."
So richtig heimisch scheint er im Outback aber nicht geworden zu sein - trotz des ganzjährig warmen Klimas, das es ihm ermöglichte, seine Freizeit wahlweise auf dem Surfbrett, dem Jetski oder auf dem Motorrad zu verbringen. Jedenfalls hat er angekündigt, er werde nach der Versteigerung den nächsten Flughafen ansteuern - und in den nächstbesten Flieger steigen.
Wohin die Reise geht, weiß er angeblich selber noch nicht. Nur dass er kein Gepäck mitnehme, stehe schon fest. Doch braucht er im neuen Leben wirklich nichts außer seinem Reisepass und der Brieftasche? "Doch", sagt er, "die Klamotten, die ich schon anhabe. Irgendwo muss ich die Brieftasche ja reinstecken."