[SIZE="4"]Mit ihrer in der deutschen Finanzgeschichte einmaligen Staatsgarantie für Sparer will die Bundesregierung trotz der Bankenkrise das Vertrauen der privaten Anleger sichern.[/SIZE]
Die Zusage, im Notfall für Spareinlagen einzustehen, gelte zeitlich unbegrenzt und auch für ausländische Sparer - nicht aber für Kapitalgesellschaften und Banken selbst, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sorgte am Montag kurzfristig für Verwirrung, weil er von einem «Plan B» zur Bewältigung der Krise gesprochen hatte. Aus den Angaben seines Ministeriums ergab sich später, dass es nicht um den Aufbau eines Sicherungsfonds für die Finanzbranche, sondern lediglich um ein besseres Krisenmanagement geht.
Die Bundesregierung will die Staatsgarantie für die Einlagen in einem geschätzten Wert von mehr als 1000 Milliarden Euro allerdings nicht gesetzlich absichern. Wilhelm betonte jedoch, die Zusicherung sei «politisch belastbar». An diesem Dienstag wird sich der Bundestag erneut mit der Lage auf den Finanzmärkten beschäftigen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will dabei eine Regierungserklärung zur Bankenkrise abgeben, hieß es nach einer Unterrichtung der Fraktionschefs durch Merkel und Steinbrück am Montagabend.
FDP-Partei- und Fraktionschef Guido Westerwelle hatte angesichts der Staatsgarantie zuvor vom «größten Blankoscheck in der Geschichte Deutschlands» gesprochen. Darüber müsse das Parlament entscheiden. «Frau Merkel hat gar nicht so viel Geld, es ist das Geld der deutschen Steuerzahler und darüber entscheidet das Parlament», sagte Westerwelle.
Merkel sprach sich erneut für die stärkere Regulierung der Finanzmärkte aus. Diese Regeln müssten aber in die soziale Marktwirtschaft passen und seien nicht im nationalen Alleingang zu erreichen, sagte sie in Wiesbaden. Die von «unverantwortlichen Bankern» verursachte Krise setze die soziale Marktwirtschaft unter hohen Druck, dürfe sie aber nicht grundsätzlich infrage stellen.
Zur Motivation für die in der deutschen Finanzgeschichte einmaligen Garantie sagte Steinbrück, man habe vermeiden wollen, dass Bankkunden kurzfristig ihr Geld abheben «und unter die Matratze» legen. Dies hätte die Geldnöte der Banken verschärft. Laut Steinbrücks Sprecher Torsten Albig gab es Hinweise, dass die Bürger in Europa angesichts der Krise deutlich mehr Bargeld von ihren Konten abheben. Dem wolle man in Deutschland vorbeugen. Für den «nicht zu erwartenden Fall», dass die Einlagensicherungssysteme nicht reichten, werde der Staat einspringen. Wilhelm sprach von einem «richtigen Schritt zum richtigen Zeitpunkt». Steinbrück bezeichnete die Situation an den Finanzmärkten aber als weiter «hoch gefährlich».
In Europa sorgte indes die deutsche Garantie für Unruhe, weil einige Regierungen zunächst eine Benachteiligung ihrer Banken befürchteten. Die Europäische Kommission begrüßte jedoch die deutsche Garantie-Ankündigung grundsätzlich. «Das kann eine angemessene Antwort der Politik sein», sagte ein Sprecher von EU- Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes in Brüssel.
Laut Finanzministerium gibt es durch die Milliarden-Bürgschaft für die Hypo Real Estate (HRE) aktuell keine Folgen für den Bundeshaushalt. «Ganz konkret bedeutet eine Bürgschaft keine zusätzliche Belastung des Haushalts. Ob das so bleibt, werden wir zu beobachten haben», sagte Albig. Die Banken hatten am Sonntagabend der HRE weitere Kredite über 15 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Zusammen mit Mitteln der Bundesbank stehen dem Konzern insgesamt 50 Milliarden Euro an Liquidität und Notfallkrediten zur Verfügung.
Oppositionspolitiker übten Kritik am Umgang der Regierung mit der Finanzkrise. Westerwelle sagte, es gebe noch viele offene Fragen. Dazu gehöre vor allem, wie die Bankenaufsicht verbessert werden kann. Gesine Lötzsch von der Fraktion Die Linke sagte, die «Bank-Manager mit ihre Vollkasko-Mentalität» dürften nicht länger der Bundesregierung auf der Nase herumtanzen. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Fritz Kuhn, hält es für unverständlich, dass die Bundesregierung keine europäische Lösung anstrebt.
Der Bund bürgt bei der HRE für Risiken in Höhe von insgesamt 35 Milliarden Euro. Im schlimmsten Fall müssten die Steuerzahler für Verluste von bis zu 26,5 Milliarden Euro geradestehen, weil auch die Banken für einen Teil einstehen. Albig sagte, bei dem Münchner Konzern, dem Bund und Banken zur Hilfe eilten, handele es sich um ein «starkes, grundsolides DAX-Unternehmen».
Eine von den Banken geforderte Verstaatlichung der HRE lehnt der Bund ab. Scharfe Kritik übte Steinbrück erneut am Management der Bank. Er bekomme einen «dicken Hals», wenn nun der Politik die ganze Schuld zugeschoben werden solle und Politiker als «Idioten» dargestellt würden. In Finanzkreisen wurde mit einer raschen Ablösung von HRE-Chef Georg Funke gerechnet.
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