Fernsehpreis: Reich-Ranicki lehnt ab
Von Conny Crumbach
Bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises ist es am Samstag (11.10.08) zu einem Eklat gekommen. Marcel Reich-Ranicki lehnte den Ehrenpreis ab. Während der Aufzeichnung im Kölner Coloneum sagte er: "Ich werfe den Preis von mir!"
Marcel Reich-Ranicki
Marcel Reich-Ranicki sollte den Ehrenpreis der Stifter am Samstagabend erhalten. Doch während der Aufzeichnung der Gala lehnte Marcel Reich-Ranicki den Preis ab. Zunächst hielt Moderator Thomas Gottschalk persönlich die Laudatio für Reich-Ranicki und gestand, dass er ihn "sehr verehre". Danach trat der "Literaturpapst" selbst ans Mikrofon und fand harte Worte: "Ich kann diesen Preis nicht annehmen. Man hätte mit seiner Zeit während der letzten drei Stunden weit Besseres anfangen können als diesen Mist hier." Weiter kritisierte er das aktuelle Fernsehprogramm als "Blödsinn" und setzte nach, dass nur noch auf Arte und 3Sat manchmal eine gute Sendung liefe. Sein Resümee des Abends: "Ich gehöre hier nicht hin. Ich werfe den Preis von mir!"
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Während die meisten Zuschauer, Moderator Gottschalk eingeschlossen, im Saal des Coloneums sichtlich erschüttert über Marcel Reich-Ranickis Rede waren, nahmen andere seinen Auftritt sehr gelassen. Stefan Aust kommentierte Reich-Ranickis Auftritt gegenüber WDR.de so: "Das war wunderbar! Ich vermute mal, dass die das so inszeniert haben. Das war ja wie ausgedacht."
Thomas Gottschalk versucht zu verhandeln
Verschmähte Trophäe
Ob der Moderator wirklich auf die Rede Reich-Ranickis vorbereitet war, erfuhren die Journalisten nicht. Gottschalk wirkte pikiert und versuchte, mit dem Preis-Verächter nach "Wetten-dass"-Manier zu verhandeln. Er solle den Preis nehmen, dafür werde Gottschalk mit Reich-Ranicki und allen anwesenden Intendanten eine Stunde lang live im Fernsehen über Literatur und Bildung diskutieren. Reich-Ranicki winkte ab, den Preis drückte Gottschalk der Begleitung von Reich-Ranicki, Katharina Trebitsch, in die Hand. Zum Abschluss versuchte er nochmals Reich-Ranicki zu locken: "Sie haben den Ehrenpreis des deutschen Fernsehens. Sie dürfen alles im Fernsehen - wenn sie den Preis nehmen."
Reich-Ranicki bleibt bei seiner Kritik
Reich-Ranicki blieb auch am Tag nach seiner Ablehnung des Fernsehpreises bei seinem Urteil über die Veranstaltung. "Das war empörend", sagte Reich-Ranicki am Sonntag (12.10.08). Sein Ärger über das mangelnde Niveau sei nicht verflogen, auch nachdem er eine Nacht darüber geschlafen habe. Keine Schuld treffe Moderator Thomas Gottschalk. "Nein, das hat er sehr liebevoll gemacht", sagte der Literaturkritiker. Er habe sich auch keinen anderen Laudator gewünscht.
Gottschalk wiederum zeigte am Sonntag Verständnis für Reich-Ranicki: "Wenn er eine halbe Stunde lang eine wild gewordene Horde Teenager sieht, Atze Schröder in einer weißen Paradeuniform, Richterin Salesch und zwei Köche mit idiotischen Texten erleben muss, ist es für ihn in der Tat konsequent zu entscheiden: Ich habe hier nichts verloren", sagte Gottschalk der "Süddeutschen Zeitung".
ZDF bietet Reich-Ranicki Sendung an
Unterdessen hat das ZDF dem 88-jährigen Reich-Ranicki eine TV-Sendung angeboten. Ein Sendungskonzept solle bei einer Zusage des Kritikers innerhalb der nächsten zwei Wochen erarbeitet werden, teilte der Sender am Sonntag in Mainz mit. Den Angaben zufolge sollen Moderator Gottschalk und Reich-Ranicki dabei über die Qualität des Fernsehens diskutieren.
Das ZDF will die Verleihungsgala am Sonntagabend um 20.15 Uhr praktisch ungeschnitten, also mit der Kritik Reich-Ranickis, senden. Die Preisträger werden erst durch die Ausstrahlung öffentlich bekannt gegeben.
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ganz so unrecht hat er ja nicht !