Usain Bolt lief gleich weiter. Als wären die zurückliegenden 100 Meter noch nicht genug gewesen, setzte er 100 drauf. Nun aber deutlich langsamer und mit ausgebreiteten Armen. So nahm der Jamaikaner die Ovationen des Publikums im Berliner Olympiastadion entgegen. Die Ovationen von Menschen, die gerade Zeuge einer unglaublichen Vorstellung geworden waren. 9,58 Sekunden – Bolt war elf Hunderstel schneller als vor einem Jahr bei Olympia. Anders als damals war er diesmal sogar geschwitzt und zog bis zum Ende durch.
9,58 Sekunden, eine Leistung, die den 22-Jährigen seinem selbst formulierten Ziel ein Stück näher gebracht hat: Er will eine lebende Legende werden. Doch Zeit sich zu zurückzulehnen sei noch nicht, findet Bolt: "Ich werde weiterarbeiten. Jahr für Jahr."
Bolt glaubt an 9,50 Sekunden
Nach dieser grandiosen Vorstellung in Berlin stellt sich die Frage, was noch möglich ist. 9,50 Sekunden? Bolt glaubt daran, hat er einmal betont. Ohne Doping sei das machbar. Selbst Wissenschaftler versuchen herauszufinden, wo die Grenzen liegen. Bolt selbst sagte nach seinem erneuten Weltrekord: "Man weiß nie, was morgen kommt."
Duell der Sprint-Giganten
Es sollte das Duell dieser Leichtathletik-WM werden. Hier der extrovertierte Olympiasieger Usain Bolt, der nach seinen Vorläufen in der Mixed Zone mit den Konkurrenten lautstark scherzte, dort der eher leise (nun entthronte) Weltmeister Tyson Gay, der sich immer ruhigen Schrittes und ohne große Emotionen in die Kabinen begab.
Bolt einfach zu schnell
"Zuvor war Gay aus sich herausgegangen, hatte seit Wochen Großes angekündigt. Er hielt Wort, lief in 9,71 Sekunden amerikanischen Rekord. Es ist die drittschnellste Zeit, die in die ewigen Ergebnislisten Eingang finden wird. Doch das ging angesichts der Bolt-Show unter. Das Duell fiel aus, weil Bolt einfach zu schnell war. Während dieser seine Ehrenrunde zelebrierte und dem Drittplatzierten Asafa Powell (ebenfalls Jamaika) feierte, sah Gay nicht wie ein Silbermedaillengewinner aus. Sondern wie der Verlierer dieses Zweikampfes.
Das sind die deutschen Medaillenhoffnungen
Fehlstart im Halbfinale
Der ganze Sonntag stand im Zeichen des Showdowns. Die Abendveranstaltung hatte noch nicht einmal begonnen, da liefen laut Stadionsprecher schon "die letzten Vorbereitungen für das Duell der Giganten". Im Halbfinale stockte den Zuschauern kurz der Atem, als Bolt, der zunächst wie immer mit den Kameras gespielt hatte, einen Fehlstart produzierte. "Da war ich wohl zu aufgeregt", sagte er später. Kein Problem, danach rannte er das Halbfinale in 9,89 Sekunden nach Hause – wobei das Wort "rennen" auf die letzten 20 Meter kaum noch zutraf.
Zweites Gold fest eingeplant
Drei Stunden und einen Weltrekord später erzählte er den Journalisten im prall gefüllten Pressezelt, dass das Finale "ein Super-Lauf" war und er stolz auf die Zeit sei. Geplant war sie angeblich nicht. Drei Tage vor dem Rennen hatte er verkündet, besondere Zeiten könne er sich nur vornehmen, wenn keine große Meisterschaft anstünde. Vielleicht also im nächsten Jahr. Sicher ist, dass bei dieser WM noch die 200 Meter und die Sprintstaffel kommen. Er will zweimal Gold holen. Was sonst?