Die kritische Aufarbeitung seiner Zeit als Hertha-Cheftrainer könnte für den beurlaubten Lucien Favre ein rechtliches Nachspiel haben. «Er ist noch Angestellter bei Hertha BSC, wir werden mögliche Konsequenzen prüfen», erklärte Sportgeschäftsführer Michael Preetz.
Am Vortag hatte Favre auf zwei privaten Pressekonferenzen vor allem die Finanz- und Einkaufspolitik von Hertha kritisiert. Es sei nur «eine Frage der Zeit gewesen, dass ich gegen eine Mauer fahre», merkte der 51 Jahre alte Schweizer an. Favre war nach sechs Bundesliga-Niederlagen in Serie vom Berliner Fußball-Club beurlaubt worden, sein Kontrakt läuft noch bis 2011.
Über die Vertragsauflösung zwischen Hertha und Favre muss noch verhandelt werden, im Raum steht eine Abfindung von mehr als einer Millionen Euro. «Sicher wird man sich an einen Tisch setzen und die Modalitäten besprechen, die es geben könnte. Vorher aber muss der andere Sachverhalt geklärt werden», sagte Preetz der Deutschen Presse-Agentur dpa. Von Favres Vorwürfen sei er «total überrascht» worden. Für ein zerrüttetes Verhältnis zwischen Favre und ihm habe es «bis zum letzten Tag der Zusammenarbeit keine Anzeichen gegeben», ergänzte Preetz, der nach der Ablösung von Ex-Manager Dieter Hoeneß eng mit dem Schweizer Coach kooperiert hatte. «Jeder Transfer, jede personelle Maßnahme war mit Lucien Favre abgestimmt», betonte Preetz.
Preetz' Konzentration in den nächsten Tagen aber soll nicht Favre, sondern der Überwindung der sportlichen Krise beim Tabellenletzten gelten. «Friedhelm Funkel wird jetzt alles daran setzen, die offensichtliche Verunsicherung bei den Spielern zu lösen», sagte Preetz zu der Hauptaufgabe, die er gemeinsam mit dem neuen Trainer sieht. «Er ist von der Qualität des Personals überzeugt. Der Glaube an die eigene Stärke muss nun wiedererweckt werden», ergänzte Preetz.
Derzeit sei auch nicht die Zeit, über Verstärkungen im Winter zu reden. Preetz: «Ich will zum jetzigen Zeitpunkt aber auch nichts ausschließen.» Die von Favre bei seiner Abschieds-Vorstellung geforderten zehn Millionen Euro für Einküufe in der Winterpause sieht er als «völlig absurd» an: «Favre kannte unsere finanziellen Möglichkeiten, daran hat sich nichts geändert.»
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