Der Irrsinn mit unseren TV-Gebühren
Es ist das teuerste Rundfunk- und Fernseh-System der Welt: Unsere öffentlich-rechtlichen Sender mit ihren 23 TV- und 165 Radioprogrammen kassieren jährlich 7,6 Milliarden Euro.
Zwangsgebühren! Was kriegen wir dafür? Immer mehr Kanäle, die keiner braucht.
Wofür sollen wir eigentlich noch bezahlen? Der Streit um die Rolle der öffentlich-rechtlichen TV- und Rundfunk-Sender in Deutschland wird immer heftiger.
• Der Vorwurf: Mit Gratisangeboten für Smartphones, Internet-Seiten und zahllosen Sparten- und Sonderkanälen gehen ARD und ZDF immer weiter über ihren gesetzlichen Auftrag der „Grundversorgung” hinaus – finanziert mit 7,6 Mrd. Euro GEZ-Zwangsgebühren pro Jahr.
Jürgen Doetz, Vorsitzender des Verbands Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), zu BILD: „Die Rundfunkanstalten expandieren, wie sie wollen, gehen in alle Märkte und machen sich dabei die wachsweichen Formulierungen im Rundfunkvertrag zunutze. Die Politik muss endlich klare Grenzen setzen. Diese Wettbewerbsverzerrung macht private Anbieter kaputt.”
• Der Gebühren-Irrsinn: Derzeit sind es in der Regel 17,98 Euro/Monat pro Haushalt, letzte Erhöhung am 1. Januar 2009. Vor 10 Jahren waren es noch etwa 14,50 Euro (28,25 Mark).
Die nächste Erhöhung wird schon diskutiert, es gibt sogar Pläne, künftig auch Handys und Computer wie Rundfunkempfänger zu behandeln – und dann noch mehr Gebühren zu kassieren.
• Der Programm-Irsinn: Mittlerweile gibt es insgesamt ca. 165 öffentlich-rechtliche Radioprogramme (inkl. Online) und 23 TV-Programme, z. B. Dritte Programme oder digitale Spartenkanäle wie die Kulturprogramme „einsfestival”, „ZDF theaterkanal” oder „BRalpha“. Die Vorabendprogramme von ARD und ZDF (Seifenopern) sind von denen der rein werbefinanzierten Privaten (u. a. RTL, Sat1) kaum mehr zu unterscheiden.
Nach dem Streit um den ZDF-Jugendkanal „Neo” und die Internetauftritte von ARD und ZDF entzündet sich die Empörung jetzt an Plänen der ARD, die „Tagesschau” gratis für Smartphones (z. B. das iPhone) als sogenanntes „App” anzubieten. Ist das noch Grundversorgung?
Medienfachmann Professor Dr. Hubertus Gersdorf von der Universität Rostock zu BILD: „Grundversorgung sollte heißen, das abzudecken, was private Anbieter mangels Quote nicht leisten können. Die öffentlich-rechtlichen Sender zeigen in ihren Hauptsendern dagegen das, was auch die Privaten zeigen und lagern ihre Kulturprogramme in Nebensender aus.”
VPRT-Chef Doetz droht deshalb, wegen der Wettbewerbsverzerrung die EU-Kommission einzuschalten.
Doetz: „Bevor in sechs Monaten ein neues Gebührensystem steht, muss es in diesen Fragen klare Antworten geben. Sonst bleibt uns nichts anderes übrig, als zu klagen.”
FDP-Medienexperte Burkhard Müller-Sönksen: „Wir brauchen nicht nur eine neue Gebührenregelung, sondern auch eine klare Definition für die Grenzen des öffentlichen Rundfunks.”