Ein 39-Jähriger aus Bautzen soll fast 1 000 Leute in ganz Deutschland mit Technik zum Schwarz- Sehen versorgt haben. Er sieht sich als unschuldig.
Angeklagt ist ein 39-Jähriger, der in Bautzen jahrelang einen Internet-Shop betrieb.
So eine Mammut-Anklage hat das Bautzener Schöffengericht wohl noch nicht gesehen: Volle dreieinhalb Stunden brauchte der Staatsanwalt, um alle Vorwürfe gegen den Angeklagten zu verlesen. Der 39-Jährige soll über das Internet in fast 1000Fällen manipulierte Empfangstechnik verkauft haben, mit denen der illegale, kostenlose Empfang von Premiere und anderen Bezahl-Sendern möglich war. Gesamterlös daraus: Rund 137000Euro – die zum größten Teil längst beschlagnahmt sind.
Ob an die Nordseeküste oder die Schweizer Grenze, ob nach Görlitz oder Aachen: Pakete aus der Bautzener Fichtestraße gingen nach ganz Deutschland, selbst im Ausland saßen Kunden. Der Internethändler räumte ein, die Technik zwischen 2005 und 2008 über Ebay oder seinen Internet-Shop verkauft zu haben. „Allerdings war da nichts Verbotenes dran“, sagte der gebürtige Bautzener. So, wie die Receiver oder Module seinen Laden verlassen hätten, seien sie nicht zum illegalen Empfang von Bezahl-Sendern geeignet gewesen. Jedoch seien entsprechende Manipulationen durch die Kunden selbst möglich gewesen – wie bei Empfängern anderer Anbieter auch. „Wie das geht, findet man überall im Internet.“
Die Staatsanwaltschaft geht aber davon aus, dass der gelernte Elektrotechniker selbst seine Kunden mit der verbotenen Software versorgt habe. Die damalige Werbung ließ jedenfalls Platz für Interpretationen: „Auch Premiere ist möglich“, „Alles ist immer mit dabei“, „Gratis-Service per Email“, versprach das Unternehmen. „Natürlich war Premiere möglich, aber eben nur mit der entsprechenden Abo-Karte“, sagte der Angeklagte.
Der Sender sieht das anders. „In diesem Fall haben wir selbst recherchiert und danach Strafanzeige gestellt“, sagt Michael Jachan vom Premiere-Nachfolger Sky der SZ. Ein Testkäufer hatte im Internet ein Modul des Bautzener Händlers gekauft und an die Polizei übergeben. Die ließ es von Gerhard Wagner, einem Spezialisten des Bundeskriminalamts, untersuchen. „Das Gerät hatte alle Dateien drauf, um damit kostenlos Premiere und andere Bezahl-Sender schauen zu können“, sagte der vor Gericht.
Auch Käufer im Visier
Die Verteidigung vermutet jedoch, dass der Premiere-Testkäufer seine Finger dabei im Spiel hatte. Das soll beim nächsten Verhandlungstag am kommenden Dienstag geklärt werden. Ob dann der Prozess zu Ende geht, ist allerdings höchst fraglich. Der Rechtsanwalt kündigte bereits an, im Zweifel alle 972Käufer als Zeugen hören zu wollen.
Schon jetzt steckt in dem Verfahren viel Aufwand. Ein Sachverständiger aus München hatte Tausende Mails des Internet-Händlers ausgewertet, die Ausdrucke der relevanten Nachrichten füllen 13 dicke Aktenordner. Dem Angeklagten drohen mehrere Jahre Haft – auf jeden einzelnen Fall von Computerbetrug stehen bis zu drei Jahre.
Auch die meisten der Käufer dürften bereits Post von ihrer jeweiligen Staatsanwaltschaft bekommen haben. Sie erwartet ein Betrugsverfahren samt Bußgeld.
Quelle Sächsische Zeitung