„Der wahre Fußballfan kommt an Sky nicht vorbei“
16. April 2010 Seit zwei Wochen ist Brian Sullivan Vorstandsvorsitzender der Sky Deutschland AG. Der Amerikaner muss schaffen, was keinem seiner Vorgänger gelungen ist: Mit Bezahlfernsehen in Deutschland Geld zu verdienen.
Herr Sullivan, Sie sind bei Sky Deutschland der dritte Vorstandschef innerhalb von nur 18 Monaten. Wie lange werden Sie bleiben?
Ich hoffe sehr lange, aber das entscheiden natürlich die Aktionäre und der Aufsichtsrat. Die Tatsache, dass meine Frau und meine drei Kinder im Sommer nach München ziehen, ist ein starkes Indiz für ein langfristiges Engagement – von meiner Seite.
In England haben Sie an der Erfolgsgeschichte des Bezahlsenders BSkyB mitgeschrieben, in Deutschland erwartet Sie ein Sanierungsfall ...
... jeder Pay-TV-Markt ist anders. BSkyB ist heute wahrscheinlich der beste Bezahlsender der Welt, viele Leute haben inzwischen nur vergessen, dass es ein harter Weg war, dorthin zu kommen. Es gibt Parallelen und Unterschiede. Aber natürlich hatte BSkyB vor mehr als 20 Jahren auch ganz andere Startvoraussetzungen. Damals gab es in England nur vier frei empfangbare Kanäle, heute sind es 60 terrestrische und mehr als 100 über Satellit. Trotzdem gewinnt BSkyB weiter Zuschauer, weil die Qualität des Programms und der Kundenservice einfach deutlich attraktiver sind als bei der Konkurrenz. Das ist die Lehre, die ich mit nach Deutschland nehme.
Deutschland leistet sich den teuersten öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Welt, und jeden Samstag zeigt die ARD-Sportschau in Konkurrenz zu Sky alle Fußballspiele und alle Tore. Haben Sie schon mal eingeschaltet?
Oh ja, ich habe mir die Sportschau schon angesehen. Öffentlich-rechtliches Fernsehen ist hier sehr stark, aber nicht stärker als das, was ich in England gesehen habe. In England gibt es jede Woche Fußball im frei empfangbaren Fernsehen. Die BBC zeigt beispielsweise das „Match of the Day“ und andere Sender die Spiele des FA-Cup, dem britischen Pendant zum DFB-Pokal, und die Uefa Europa League. Trotzdem schauen die Engländer Fußball lieber im Bezahlfernsehen, mehr als 40 Prozent aller Haushalte haben BSkyB abonniert. Die Sportschau ist gewiss eine Institution, dennoch kommt der wahre Fußballfan an Sky nicht vorbei, wenn er alle Spiele live, in voller Länge, und viele sogar in bester HD-Qualität sehen will.
Er könnte auch „Liga total“ von der Deutschen Telekom abonnieren. Im Gegensatz zu Ihnen gewinnt Ihr Wettbewerber immer mehr Abonnenten. Es sollen schon mehr als 1 Million sein …
… das sind nicht die Zuschauer des Fußballangebots. In dieser Zahl sind nach meinem Verständnis alle Haushalte erfasst, die eine Settop-Box der Telekom haben. Richtig ist natürlich, dass die Telekom viel Geld hat und versucht, ihr Fernsehangebot populär zu machen. Aber der Fußballfan kann bei „Liga total“ nur die Partien der Bundesliga sehen, mehr nicht, keine Champions League, keine Europaliga, keinen DFB-Pokal. Und nebenbei: Wenn er das Telekom-Angebot mit dem von Sky vergleicht, wird er feststellen, dass er dort wesentlich mehr bezahlt.
Sky ist auch teurer geworden. Fußballfans müssen inzwischen mindestens 32,90 Euro statt zuvor 20 Euro im Monat bezahlen. Viele Haushalte können sich das gerade in der Wirtschaftskrise nicht leisten.
Ich mache Ihnen eine andere Rechnung auf: Der Einstiegspreis für Sky von 16,90 Euro im Monat ist umgerechnet billiger als eine Tasse Kaffee am Tag. Das komplette Angebot von Sky, also Sport, Spielfilme, Serien, Dokumentationen und vieles mehr, kostet 59,90 Euro im Monat. Alle Fußballspiele kosten dann weniger als der einmalige Stadionbesuch, 25 Spielfilm-Erstausstrahlungen sind günstiger als ein DVD-Kauf und der Kinobesuch. Wenn ich meine Familie einmal zum Essen ausführe, kostet das 80 Euro. Wenn ich mit meinen Kindern ins Kino gehe, Karten, Popcorn und Getränke kaufe, kann ich froh sein, unter 100 Euro davonzukommen. Wer also seine Ausgaben für Unterhaltung optimieren möchte, sollte Sky abonnieren. Das müssen wir den Menschen jetzt sagen, das ist mein Job!
Ihren Vorgängern ist das in all den Jahren nicht gelungen, die Abo-Zahlen stagnieren bei 2,4 Millionen. Auch im vierten Quartal kamen nur 39 000 neue Kunden hinzu, trotz eines Werbebudgets von 100 Millionen Euro. Und Sie glauben wirklich, das mit solch einer Rechnung ändern zu können?
Ich bin nicht naiv, die Herausforderungen sind hier riesengroß. Aber ich glaube an das Wachstumspotential des Bezahlfernsehens in Deutschland. Wir müssen noch mehr den Focus auf den Kunden legen als bisher.
Ein neuer Name, ein neues Logo und eine teure Werbekampagne pünktlich zum Weihnachtsgeschäft haben bislang nicht viel gebracht, außer noch höheren Verlusten. Haben Sie als neuer Vorstand einen neuen Plan?
Ich glaube nicht, dass der nötig ist. Es stimmt, das Unternehmen hat viel geändert im vergangenen Jahr. Zunächst war es richtig, den Namen Premiere in Sky zu ändern, denn Sky ist eine starke, internationale Marke. Mein Plan ist, auf der hervorragenden Arbeit aufzubauen, die hier im vergangenen Jahr geleistet wurde. Dazu gehört, unseren Kunden bestmögliche Qualität und Service zu bieten, und natürlich, unser Geschäft auszubauen.
Es bleibt also bei dem alten Ziel?
Sky wird 2010 nochmals Verluste machen, aber von 2011 an wird das Ebitda positiv sein. Das ist das Ziel.
Müssen Sie die Kosten noch weiter senken, müssen Sie gar Stellen streichen, um Sky endlich profitabel zu machen?
Das Unternehmen ist schon sehr schlank, ein Stellenabbau ist nicht geplant. So verstehe ich auch nicht meinen Job. Ich will in Wachstum investieren und Sky in Deutschland nach vorne bringen.
Wie soll das gelingen?
Unsere Inhalte müssen bekannter werden. Wir müssen dem Kunden erklären, dass er bei uns das beste Fernsehangebot für sein Geld bekommt. Und dazu müssen wir unsere Differenzierungsmerkmale klarer herausstellen. Nehmen Sie zum Beispiel das hochauflösende Fernsehen HD: Schon heute bieten wir dem Zuschauer sieben HD-Kanäle an, so viele wie sonst niemand, und in diesem Sommer kommen vier weitere HD-Kanäle dazu.
Viele Sender ziehen nach, ARD und ZDF haben die Olympischen Winterspiele schon in HD-Qualität ausgestrahlt.
Aber keiner sendet so viele Stunden echtes HD wie wir. Echtes HD heißt, Bilder produziert und ausgestrahlt in bis zu fünfmal höherer Auflösung und erstklassiger Tonqualität.
Welche Rolle spielt 3 D?
Das ist schwer zu sagen. Niemand weiß heute, ob 3 D-Fernsehen in der Nische bleibt oder eines Tages massentauglich sein wird. Dreidimensionale Kinofilme wie „Avatar“ sind ein phantastisches Erlebnis, da stört mich auch nicht die 3 D-Brille, die habe ich nach zwei Minuten vergessen. Es ist eher die Frage, welches Programm für 3 D-Fernsehen geeignet ist.
Werden sich Investitionen in 3 D rechnen?
Bisher haben wir null Euro in die Technik investiert. Über eine 3 D-Demonstration mit der Übertragung des Bundesligaspiels zwischen Leverkusen und Hamburg sind wir nicht hinausgegangen. Aber wir sind vorbereitet: Mit den aktuellen Sky-HD-Receivern lassen sich zukünftige HD-3 D-Angebote problemlos empfangen. Außerdem werden wir von den Erfahrungen profitieren, die BSkyB gerade in England mit dem ersten europäischen 3 D-Fernsehkanal macht.
Seit der Großaktionär News Corp. seinen Anteil an Sky Deutschland auf 45 Prozent aufgestockt hat, werden Gerüchte über eine Übernahme wieder lauter, die Aktie ist so billig wie nie. Sie sind ein Vertrauter von James Murdoch, der das internationale Geschäft von News Corp. steuert. Wann ist es so weit?
Ich war 14 Jahre bei BSkyB. News Corp. ist dort ebenso wie hier der größte Aktionär, noch dazu einer, der das Geschäft maßgeblich unterstützt. Weil News Corp. die Erfahrung des führenden Anbieters aus vielen anderen Pay-TV-Ländern besitzt, wird uns das hier in Deutschland gewiss weiterhelfen. Aber glauben Sie mir, ich wäre der Letzte, der von solchen Überlegungen, so sie überhaupt existieren sollten, erfahren würde. Als Vorstandsvorsitzender bin ich allen Aktionären gleichermaßen verpflichtet. Und so muss es sein.
Q: faz.net