ZitatAlles anzeigenDaß sie ein wahrer Augenschmaus ist, wird wohl niemand behaupten. Doch daß eine nicht abgebaute „Satellitenschüssel“auf dem Balkon ausreicht,
um vor Gericht eine Räumungsklage, also eine fristlose Kündigung, durchzusetzen, verblüfft selbst Experten wie den Vorsitzenden
des Deutschen Mieterbundes Soltau-Fallingbostel, Helmke Hach. Der Soltauer Rechtsanwalt sieht in diesem Urteil, gefällt am Soltauer
Amtsgericht, die Gefahr, daß eine solche Schüssel künftig vermehrt dazu genutzt werden könnte, möglichrweise unliebsame Mieter vor die Tür zu setzen.Die Balkone im hinteren Bereich der Häuser Fritz-Reuter-Straße 5a und 5b hatten, zumindest bis vergangene Woche, neben dem ohnehin schon gleichen Aussehen eine weitere Gemeinsamkeit: An fast jedem befand sich eine Satelliten-Schüssel, um den Fernsehempfang im heimischen Wohnzimmer zu garantieren. Darunter auch die einer Mieterin, der diese Antenne jetzt den Auszug bescheren soll.
Im Vorfeld dieser Entscheidung vom 17. Februar war die Mieterin im Oktober vergangenen Jahres dazu aufgefordert worden, die gewölbte Scheibe von ihrem Balkon zu entfernen.
Sie ließ die dafür gesetzte Frist verstreichen, und auch die darauffolgende Abmahnung konnte sie nicht dazu bewegen. Dies aus gutem Grund:
Nur so konnte sie in ihrem Haus das Fernsehprogramm empfangen. Dies war schon seit Jahren so: Kabelempfang gab es nicht, wovon auch die Satelliten-Schüsseln der Nachbarn zeugten. Dazu der Vorsitzende des Mieterbundes Soltau-Fallingbostel: „Diese Aufforderung kam aus heiterem Himmel. Natürlich hat die Mieterin die Schüssel aus besagtem Grund auch nicht abgebaut, und deshalb wurde ihr die Wohnung fristlos gekündigt.“Zwar nennt die Räumungsklage noch weitere Punkte, etwa die von der Betroffenen vorgenommene Mietminderung wegen Schimmelbefalls in der Wohnung, aber, so Hach:
„Entschieden hat das Gericht ungeachtet der anderen Punkte - das Schimmelgutachten etwa steht noch aus -, daß die fristloses Kündigung wegen der Satelliten-Schüssel wirksam ist und die Mieterin ihre Wohnung sofort zu räumen hat.“Für Hach ist dies alles nicht nachvollziehbar: „Daß es Streitigkeiten wegen solcher Antennen gibt, ist nicht ungewöhnlich. Dann allerdings geht es meist darum, daß ein Mieter gegen den Willen des Vermieters eine Schüssel neu anbringen will oder ohne Erlaubnis bereits angebracht hat. In diesem Fall aber befindet sich die Antenne schon seit Jahren am Balkon. Diese Mieterin ist zudem die einzige, die deswegen mit einer Klage überzogen worden ist, alle anderen wurden nur angeschrieben. Zudem gilt, daß zunächst immer das mildeste Mittel gewählt werden sollte: Wegen einer Schüssel muß man nicht kündigen, sondern kann auch auf ihren Abbau klagen.“Aber selbst das halte er in diesem Fall für nicht gerechtfertigt, denn „Ich sehe hier einen gewissen Bestandsschutz. Vor allem aber wäre die Forderung nach einem Abbau der Antenne nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn alternativ ein nutzbarer Kabelanschluß vorhanden wäre. So hat auch das Gericht argumentiert. Es hat der Klage stattgegeben, weil ein
Kabelanschluß vorhanden sei. Und genau das stimmte bisher nicht“, konstatiert Hach.
Und weiter: „Die Mieterin hatte in ihrer Wohnung keinen Kabelanschluß. Erst am Donnerstag, dem 10. März, wurden entsprechende Kabel verlegt, so daß die Mieterin seit wenigen Tagen nicht mehr auf die Schüssel angewiesen ist. Dieser Anschluß stand der Betroffenen also weder zum Zeitpunkt der Abbau-Forderung noch zum Zeitpunkt des Urteils zur Verfügung.“
Daß das Gericht trotz dieser Sachlage der Räumungsklage stattgegeben habe, bedeute, „daß die Mieterin im Prinzip innerhalb einer Woche aus ihrer Wohnung ausgezogen sein muß. Wenn nicht, kann der Gerichtsvollzieher beauftragt werden, die Wohnung zu räumen. Zwar ist gegen das Urteil Berufung möglich, doch die hat nicht automatisch aufschiebende
Wirkung. Wir sind deshalb nicht nur in Berufung gegangen, sondern haben beim Landgericht auch beantragt, bis zur Entscheidung der die Zwangsvollstreckung zweiten Instanz aufzuschieben“, betont Hach.Bis zu diesem nächsten Urteil könnte es noch Monate dauern. Die Mieterin will das nicht abwarten und wird ihre bisherige Wohnung am 31.März dem Vermieter zurückgeben. Nichtsdestotrotz wollen sie und Hach die Entscheidung der Berufungsinstanz. Entsprechend unterstreicht der Vorsitzende des Mieterbundes Soltau-Fallingbostel: „Wir wollen Klarheit. Ansonsten muß jeder, der seine Schüssel nicht abbaut, damit rechnen, erfolgreich mit einer fristlosen Kündigung überzogen zu werden. Damit bestünde nämlich das Risiko, mit solchen Vorwänden bei Gericht durchzukommen: Heute ist es die Schüssel, morgen die Schuhe auf dem Flur und am Ende das Schreien der Kinder.“
Quelle: heide-kurier.de
Bildquelle: heide-kurier.de