14.07.2012 | 18:05 | von Anna-Maria Wallner (Die Presse)
Gary Davey hat einst Rupert Murdoch mit seiner Frau verkuppelt. Seit dem Vorjahr ist Davey dafür zuständig, Deutschland und Österreich vom Bezahlfernsehen zu überzeugen. Ein Gespräch.
Gary Davey ist ein höflicher Mann. Aber nun, da er schon eine Weile in Deutschland lebt und das Programm für den Bezahlsender Sky verantwortet, will er nicht mehr länger höflich sein. Bevor er nach Deutschland kam, habe er oft zu hören bekommen, dass ein Bezahlsender überall funktionieren werde, „nur in Deutschland und Österreich nicht, weil dort freies Fernsehen so gut ist“. Davey sagt: „Es ist aber gar nicht so gut – sondern nur hie und da herausragend.“
Kaum ein Zweiter kennt das Fernsehgeschäft so gut wie Gary Davey, ist der 58-jährige Australier doch seit 35 Jahren für verschiedene TV-Sender tätig. Den größten Teil davon arbeitete er für den Sky-Mutterkonzern News Corporation, der Rupert Murdoch gehört. Davey hat für Murdoch in England das Rundfunk-Unternehmen BSkyB aufgebaut, war für die News Corporation in Hongkong, Mailand, New York und London im Einsatz, und er ist mit Murdoch auch persönlich verbunden, wie er bei seinem Besuch in Wien vergangenen Freitag bestätigt. Davey war es, der seinem Chef Anfang der 1990er-Jahre bei einem seiner Arbeitsbesuche in Hongkong die Praktikantin Wendi Deng zur Seite stellte. „Und ja, da haben sie sich verliebt“, erzählt Davey, Murdoch und Deng sind heute verheiratet.
Der Skandal um die britische Sonntagszeitung „News of the World“, die bis zu ihrem Aus im Juli 2011 auch zu Murdochs Medienimperium gehörte, hat Davey „sehr überrascht“ und „auch enttäuscht“, dennoch lässt er sich kein böses Wort über den Führungsstil des Medienmoguls entlocken. „Der rote Faden, der sich durch alle Unternehmen der News Corporation zieht? Dass ständig der Status quo hinterfragt wird – und das geht von ganz oben, von Rupert, aus.“
Nicht mehr nur Sport. Seit dem Vorjahr ist Davey dafür zuständig, Deutschland und Österreich vom Bezahlfernsehen zu überzeugen. Mehr als 3,1 Millionen deutsche und 260.000 österreichische Abonnenten hat Sky derzeit, das 2009 aus dem einstigen Premiere hervorging. Das Konzept der Senderfamilie hat sich zuletzt stark verändert. Der Pay-TV-Anbieter begreift sich nicht mehr als klassisches Fernsehen, sondern als Entertainment-Lieferant, der neben dem Fernseher auch auf Smartphones, Tablets und Spielkonsolen abrufbar ist und zu den klassisch linearen TV-Sendern vermehrt On-Demand-Programme wie Sky go oder Sky Anytime anbietet.
Auch die Schwerpunkte verschieben sich: Der Sport ist zwar noch wichtig (was der Erwerb der Senderechte an der deutschen Bundesliga um über 400Millionen Euro pro Saison bis 2017 beweist), aber eben nicht mehr das Wichtigste. Vielmehr strebt Davey „eine Balance zwischen Sport, Filmen und Unterhaltung“ an. In spätestens zwei, drei Jahren will er mit eigenproduzierten Filmen und Serien beginnen.
Sein erster großer Coup gelang Davey Anfang Mai mit dem Engagement von Harald Schmidt. Dreimal die Woche wird der Entertainer ab 4. September auf Sky Atlantic und Sky Hits seine Late Night Show fortsetzen. „Harald Schmidt ist ein Symbol dafür, was derzeit mit dem Privatfernsehen passiert“, sagt Davey. „Sat1 konnte ihn nicht mehr halten, aber nicht wegen der Kosten, sondern wegen der zu geringen Quoten. Aber Harald hat ein ganz spezielles Publikum, seine Show ist kein Massenprodukt. Darum passt sie so perfekt zu uns, weil wir uns nicht um die Quote kümmern.“
Nicht die Quote, sondern die Zahl der Abonnenten ist die Währung, mit der Bezahlsender rechnen. Und die größten Feinde sind nicht andere TV-Sender, „sondern die Kündigung“. Das Fernsehen habe sich von Grund auf verändert: „Früher lag die Macht beim Programmierer, heute liegt sie bei den Kunden und der Fernbedienung.“
Geschickt reagiert hat Davey auch auf das steigende Interesse an Serien in Spielfilmniveau. Die neue HBO-Serie „The Newsroom“ von Aaron Sorkin war Ende Juni auf dem Seriensender Sky Atlantic nur einen Tag nach dem Serienstart in den USA im Original zu sehen. Für Serienjunkies bietet Sky mehr als 200 Folgen von Erfolgsserien wie „Game of Thrones“ auf Abruf.
Keine Nachrichten. Wenig bis gar keinen Wert legt Sky auf Nachrichten – es sei denn, es handelt sich um Sportnachrichten. „Denn die kann niemand so gut machen wie wir.“ Seit gestern, Samstag, sendet Sky Sport HD täglich Sportnachrichten aus Österreich – und damit eines der wenigen Programme, die aus und nur für Österreich produziert werden. Trotzdem beschäftigt Sky in Österreich mittlerweile 55 Mitarbeiter.
Die Nachrichten sind es, die Bezahl- und öffentlich-rechtliche Sender am meisten voneinander unterscheiden. Das größte Problem der öffentlich-rechtlichen Sender sieht Davey darin: „Egal, was sie tun: Sie entfernen sich immer weiter vom jungen Publikum.“ Schuld daran sei „diese arrogante Idee, dass jeder um acht zu Hause sein muss, um Nachrichten zu schauen.“ Der Zuseher wolle heute aber Nachrichten schauen, wann es ihm passt.
An die freien Privatsender gerichtet, sagt er: „Die Zeit des Reality-TV ist vorbei“, und die Zeit des Shiny-floor-TV, also von Tanz- oder Castingshows, stehe kurz vor dem Ende. Die Zukunft des Fernsehens sieht er in qualitätsvollen Dramaserien. Dann lobt er die Konkurrenz, die eigentlich keine ist, doch: Einige von ihnen würden immer noch einen „pretty good job“ machen. Gary Davey ist eben ein höflicher Mann.
Quelle: Sky: "Unser größter Feind ist die Kündigung" « DiePresse.com