ZitatAlles anzeigen09.09.2012, 09:05 Uhr
Bereits in Runde vier blutete der Herausforderer so stark am Auge, dass der Schiedsrichter den Kampf abbrechen musste. Klitschko bleibt Weltmeister.
Moskau. Vitali Klitschko bleibt Boxweltmeister im Schwergewicht. Der 41-jährige Ukrainer besiegte am Sonnabend in Moskau den Deutsch-Libanesen Manuel Charr durch technischen K.o. in der vierten Runde. "Leider ist der Kampf abgebrochen worden. Manuel ist ein mutiger Junge mit großem Herz", sagte der alte und neue Champion. Der ältere der beiden Klitschko-Boxbrüder hat damit 45 von 47 Profikämpfen gewonnen und den WM-Titel des Weltverbandes WBC zum neunten Mal in Serie erfolgreich verteidigt.
Klitschkos 14 Jahre jüngerer Rivale musste hingegen seine erste Niederlage im 22. Kampf hinnehmen, durfte sich aber mit der größten Börse seiner Karriere in Höhe von angeblich 350.000 Euro trösten. "Ich wollte in der zweiten Hälfte angreifen. Das wäre mein Part gewesen", sagte der Unterlegene frustriert. Für den in Beirut geborenen Charr war dies der erste WM-Fight in seiner Profikarriere, die er 2005 begonnen hatte.
Für den physisch überlegenen Titelverteidiger war Herausforderer Charr wie erwartet nur ein Spielball. Klitschko deckte seinen hoffnungslos unterlegenen Widerpart vom ersten Gong an mit Schlägen ein und hatte ihn Ende der zweiten Runde erstmals am Boden. In Runde vier brach bei Charr ein Cut oberhalb des rechten Auges auf. Der Ringrichter brach den ungleichen Kampf dann begleitet von wütenden Protesten des Wahl-Kölners ab.
Für Vitali Klitschko wird der Fight in der russischen Hauptstadt aller Voraussicht nach nicht das Ende seiner Boxkarriere sein. Er wiederholte, dass für ihn auch nach einem möglichen Einzug seiner Partei ins ukrainische Parlament am 28. Oktober eine Fortsetzung seiner sportlichen Laufbahn denkbar sei. "Nichts ist unmöglich. Ich bin noch nicht bereit, eine Antwort darauf zu geben", sagte er. Klitschko ist bereits seit 1996 Profiboxer und war zuvor 1995 als Amateur Vizeweltmeister. (dpa)

Klitschko verteidigt Titel und lässt Charr chancenlos
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Ukrainer gegen eingebürgerten deutschen Ausländer. Kaum einer war auf der Seite von Charr - der ist halt dumm wie es Klischee ist.
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Großmaul Charr "Kampf bis zum Tod, Klitschko wäre umgefallen"
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Nach dem Abbruch der Box-WM gegen Champion Vitali Klitschko schlug der blutüberströmte Manuel Charr forsche Töne an: "Er wäre 1000-prozentig umgefallen." Klitschko selbst dachte da schon an Haye.Selbst im schlimmsten Sturm gibt es noch Inseln der Ruhe. Die ergraute Frau im hellblauen Kittel ließ sich jedenfalls von ihrer Arbeit nicht abbringen. Mit gemächlichen Schwüngen wischte sie die blutigen Spuren eines Duells aus dem Boxring, über dessen Ausgang sich am frühen Sonntagmorgen in Moskau eine Diskussion entwickelte, die teilweise Züge einer Komödie aufwies. Und die ihrerseits die Frage aufkommen ließ, ob RTL anstatt der Kämpfe der Brüder Wladimir und Vitali Klitschko in Zukunft nicht lieber die Pressekonferenzen danach übertragen sollte.
Gegeben wurde diesmal, auf der schmucklosen Bühne des Konferenzraums im Sportkomplex Olimpiski ein Stück aus der beliebten Reihe "Gib mir eine zweite Chance, die erste haben mir andere versaut". In den Hauptrollen: Stefan Holthusen, Ringarzt. Guido Cavalleri, Ringrichter. Und Manuel Charr, Herausforderer von Vitali Klitschko.
Folgende Handlung war dem Schauspiel vorausgegangen: Charr, ein 27 Jahre alter, im Libanon geborener Syrer mit Wahlheimat Köln und einem Antrag auf deutsche Staatsbürgerschaft in der Tasche, hatte drei Runden lang chancenlos versucht, den wie üblich mit hängender Deckung und pendelndem Oberkörper boxenden WBC-Weltmeister im Schwergewicht entscheidend zu treffen
Eineinhalb Zentimeter große Wunde
In der zweiten Runde war er nach einer Rechten zu Boden gegangen und angezählt worden. Rund 20.000 Zuschauer in der nur zu zwei Dritteln besetzten größten Sporthalle Europas und 8,75 Millionen vor deutschen Fernsehschirmen sahen dabei zu. Nach drei Runden lag Charr bereits mit vier Punkten zurück, als eine linke Gerade des 41 Jahre alten Ukrainers seine rechte Augenbraue streifte, so dass sich ein rund eineinhalb Zentimeter langer Cut öffnete, der stark blutete.
Nachdem der italienische Ringrichter Cavalleri dem munteren Blutfluss rund eine Minute zugeschaut hatte, bat er Ringarzt Holthusen um eine Begutachtung der Wunde. Dieser gab daraufhin, weil er wegen der Schwere der Blessur Folgeschäden für Charrs Augenlicht befürchtete, die Empfehlung zum Kampfabbruch. Dem kam Cavalleri nach. Das korrekte Urteil lautete also technischer K.-o.-Sieg für Vitali Klitschko.
Und plötzlich drehte Charr auf. Zunächst schubste er wütend sein vielköpfiges Team durch den Ring und zeigte dabei die Aggressivität, die ihm in den Runden zuvor gut zu Gesicht gestanden hätte. Als er sich wieder unter Kontrolle hatte, was angenehm schnell passierte, entschuldigte er sich bei Klitschko für sein Verhalten und ersuchte diesen um einen Rückkampf. Dieses Ansinnen wuchs auf der Pressekonferenz zu einer Bettelarie aus.
"Gib mir noch eine zweite Chance"
"Ich bitte dich, gib mir eine zweite Chance", rief Charr Klitschko immer wieder zu. Zwischendurch erklärte er, seine Taktik, in der zweiten Kampfhälfte konditionell dominant aufzutreten und Klitschko auszuknocken, wäre "natürlich aufgegangen, ich habe doch die Angst in Vitalis Augen gesehen". Es war der beste Beweis dafür, dass er tatsächlich nicht mehr klar sehen konnte.
Es folgte eine erneute Lobeshymne auf "mein Idol Vitali", bis dann Ringarzt Holthusen ins Visier geriet. "Du hast meinen Traum zerstört", rief Charr dem Doktor zu, der auf der anderen Seite des Raumes äußerlich regungslos das Geschehen verfolgte.
Erinnerungen an Lennox Lewis
Der bedauernswerte Simultandolmetscher, der zwischen russischer und deutscher Sprache hin und her springen musste, verlor spätestens da den Faden. Irgendwann dann diskutierten Klitschko und Charr über Mikrofon miteinander, wobei sich der Unterlegene in dem Vergleich verhedderte, sein Bezwinger habe vor neun Jahren ja eine ähnliche Situation erleben müssen. Klitschko käme deshalb nicht umhin, ihm den Rückkampf zu gewähren, den Lennox Lewis Klitschko trotz eines Versprechens versagt hatte.
Charr übersah die Kleinigkeit, dass Klitschko im Juni 2003 auf allen Punktzetteln mit 4:2 Runden geführt hatte, als der Kampf wegen eines schweren Cuts am Auge des Ukrainers abgebrochen worden war. "Ich kämpfe bis zum Tod. Ich wollte ihn von Runde zu Runde auffressen. Klitschko wäre 1000-prozentig umgefallen", behauptete Charr.
Der Gipfel des Unsinns war erreicht, als Charr einen Protest gegen das Urteil ankündigte, weil er in Klitschkos Ecke und nicht von "seinem Arzt", dem zweiten Ringarzt Stephan Bock, behandelt wurde und ihm zudem die Behandlung durch seinen Cutman untersagt worden sei – die laut Regelwerk während einer laufenden Runde gar nicht gestattet ist.
Viel Lärm um nichts also. Oder, um es mit Charrs Schlusswort zu sagen: "Kurze Rede, langer Sinn!"
Klitschko und das Parlament
Den Sinn des Lebens versuchte dann zum Abschluss Klitschko zu erklären. "Wir beide wollen kämpfen bis zum Ende. Aber die Gesundheit geht vor. Boxen ist nur ein kleiner Teil des Lebens, deshalb müssen wir die Entscheidungen akzeptieren, die Ärzte oder Ringrichter treffen." Eine Antwort auf die Frage, welche Entscheidung er selbst hinsichtlich seines weiteren Karriereverlaufs zu fällen gedenkt, will Klitschko auf die Zeit nach dem 28. Oktober verschieben. Dann tritt er als Chef der Reformpartei Udar zu den Wahlen in der Ukraine an. Überspringt die Udar die Fünfprozenthürde, wäre Klitschko Parlamentarier.
Was auch immer danach passiert, ob er zurücktritt, das britische Großmaul David Haye herausfordert, Charr ein Rematch gibt oder gegen jemand ganz anderen boxt: Es wäre schön, wenn in Zukunft wieder weniger geredet und ruhiger gearbeitet würde. Ganz genau so, wie es die ergraute Frau im hellblauen Kittel vormachte. In einer Nacht, in der nach dem Sturm der Entrüstung immerhin ein sauberer Ring zurückblieb.
So sah s auch aus loll
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ich nenne es das Schuhmachersyndrom
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