ZitatAlles anzeigen
Deutschlands größter TV-Kabelnetzbetreiber plant ein bundesweites Wlan-Angebot. In den Glasfasernetzen der Telekom sieht das Unternehmen keine BedrohungDer TV-Kabelnetzanbieter Kabel Deutschland (KDG) arbeitet an dem Aufbau eines bundesweiten Netzes von Internet-Hotspots, in dem Nutzer mit ihren Smartphones und Tablets online gehen können.
"Wir sind in der Pilotphase", sagte KDG-Chef Adrian von Hammerstein in Berlin am Rande der Internationalen Funkausstellen (Ifa). "Wir haben ein leistungsstarkes Netz, mit dem wir unseren Kunden schon jetzt schnelle Internet-Zugänge zu Hause anbieten", sagte von Hammerstein. Nun ginge es darum, dieses Netz noch breiter zu nutzen und mobil zu machen.
Damit wagt sich der größte TV-Kabelnetzbetreiber in Deutschland in einen hart umkämpften Markt. Vor allem an Orten, wo sich häufig viele Menschen aufhalten, gibt es bereits eine Vielzahl von Unternehmen, die Internet-Zugang über Wlan anbieten.
So betreibt die Deutsche Telekom an 11.000 Standorten in Deutschland solche Wlan-Hotspots, der Anbieter The Cloud nennt 22.000 Hotspots in 17 Ländern.
Vor allem Bahnhöfe und Flughäfen sind begehrte Standorte, weil dort viele Menschen unterwegs sind und es häufig zu Wartezeiten kommt, in denen Smartphone-Nutzer beispielsweise ihre E-Mails abrufen.
Kabel Deutschland betreibt sein TV-Kabelnetz in 13 Bundesländern und bietet in vielen Regionen neben dem Fernsehkabelanschluss auch schnelle Breitbandzugänge und Telefonanschlüsse an. 70 Prozent des Datenverkehrs zu mobilen Geräten wie Tablets, Notebooks und Smartphones laufen laut von Hammerstein bereits über Wlan bei den Kunden zu Hause. "Wir wollen nun auch noch die restlichen 30 Prozent liefern."
[color="#FFFF00"]Einer für alle, alle für einen[/color]
In den Bundesländern, in denen KDG nicht vertreten ist, denkt das Unternehmen nach eigenen Angaben über Partnerschaften nach. Ebenso spielt KDG Überlegungen durch, die Wlan-Router, die Kunden zu Hause für sich betreiben, zu öffentlichen Hotspots zu machen. "Natürlich nur mit Zustimmung der Kunden", sagt von Hammerstein.
Denkbar sei, dass diese Kunden dann freien Zugang zu allen anderen Hotspots bekämen. Ein ähnliches Konzept verfolgt der Anbieter Fon, der nach eigenen Angaben weltweit sogar sechs Millionen Hotspots hat. Wer einen Fon-Hotspot betreibt, darf weltweit alle anderen Fon-Hotspots kostenlos nutzen.
Kabel Deutschland will mit einem Hotspot-Dienst zugleich aus seinem Kerngeschäft ausbrechen, den durchschnittlichen Umsatz pro Anschluss erhöhen und Kunden enger an sich binden.
Schon heute bietet das Unternehmen seinen Kunden Handy-Karten an und ist dafür eine Zusammenarbeit mit dem Mobilfunker Telefónica eingegangen, um dessen Netz nutzen zu können.
Über die Höhe der Investitionen in ein Hotspot-Netz wollte sich KDG nicht äußern. Das Unternehmen investiert in diesem Jahr etwa ein Viertel seines Umsatzes in das TV-Kabel. Im vergangenen Geschäftsjahr lag der Umsatz bei etwa 1,7 Milliarden Euro. Der Großteil der Investitionen geht in die Modernisierung des Netzes, so dass darüber auch digitale Inhalte und Breitbandzugänge angeboten werden können.
[color="#FFFF00"]38 HD-Sender bis Jahresende[/color]
"Wir beobachten eine deutliche Beschleunigung der Digitalisierung", sagte von Hammerstein in Berlin. Weil sich immer mehr Kunden große Flachbildfernseher kaufen, wollen sie darauf auch hochauflösende Filme sehen.
Inzwischen zahlen mehr als eine Million KDG-Kunden für solche HD-Inhalte extra. Bis Herbst will Kabel Deutschland die Zahl seiner HD-Sender auf 38 ausweiten.
KDG steckt derzeit mitten in der Übernahme des kleinen TV-Netzbetreibers Tele Columbus für gut 600 Millionen Euro. Auch die Deutsche Telekom und Kabelnetzbetreiber Unitymedia hatten sich Berichten zufolge für Tele Columbus interessiert. Tele Columbus hat etwas 1,7 Millionen Kunden, vor allem im Großraum Berlin und in Ostdeutschland.
Kabel Deutschland steht nun nach eigenen Angaben kurz davor, die Übernahme beim Bundeskartellamt anzumelden. Den Planungen zufolge könnte es eine Genehmigung bis Ende des Jahres geben, so dass die Übernahme dann bis Ende März 2013 abgeschlossen wird.
[color="#FFFF00"]
TV-Kabel wird zum Glasfasernetz[/color]Im Ausbau der Glasfasernetze in Deutschland sieht KDG-Chef von Hammerstein keine Betrohung. "Da können wir gut mithalten", sagte er. Die Deutsche Telekom hatte bis Ende des vergangenen Jahres ihr Glasfasernetz so weit ausgebaut, dass bundesweit 160.000 Haushalte angeschlossen werden könnten. In diesem Jahr sollen noch einmal 170.000 Haushalte hinzukommen. Allerdings ist erst kürzlich der erste Kunde wirklich an das Netz angeschlossen worden.
Nutzer können im Glasfasernetz der Telekom derzeit Geschwindigkeiten von 200 Megabit pro Sekunde erreichen. Ein DSL-Anschluss erreicht höchstens 16 Megabit pro Sekunde. Auch Stadtnetzbetreiber wie NetCologne in Köln bauen Glasfasernetze.
Kabel Deutschland hingegen vermarktet seinen 100-Megabit-Anschluss an zehn Millionen Haushalte. "Technisch können wir jederzeit die Geschwindigkeit verdoppeln und sogar vervierfachen", sagte von Hammerstein.
Tatsächlich steige die Nachfrage nach Bandbreite stark an. Das übertragene Datenvolumen nehme jährlich um 30 bis 40 Prozent zu. Um diese Geschwindigkeiten im TV-Kabel zu erreichen, baut auch Kabel Deutschland in seinen Netzen die Glasfaser immer näher an die Kunden heran. Von Hammerstein: "In zehn bis 20 Jahren ist das TV-Kabel zu einem Glasfasernetz geworden."
Quelle : Nachrichten und aktuelle Informationen aus Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur- DIE WELT