ZitatAlles anzeigen[h=1]Das Handy als Konversationskiller[/h] Eigentlich sollte das Mobiltelefon den Kontakt zu anderen Menschen erleichtern. Manchmal bewirkt es allerdings das Gegenteil, wie eine Studie zeigt: Liegt ein Telefon auf dem Tisch, laufen die Gespräche schlechter.
Kategorie: Psychologie Erstellt am 26.09.2012.
Zugegeben, man hat es selbst auch schon getan. Aber die anderen tun es ganz sicher öfter. Legen im Lokal ihr Handy auf den Tisch, als ob sie einen wichtigen Anruf erwarten würden. Und selbst wenn das, unwahrscheinlicher Fall, so wäre: Würde man ihn verpassen, bliebe das Telefon in Tasche oder Jacke?
Andrew Przybylski hat die Augen im Alltag offen - und diese Schrulle des Kommunikationszeitalters nun in ein wissenschaftliches Experiment übersetzt. Der Psychologe von der University of Essex bat 34 einander unbekannte Paare zu einem Gespräch in ein Lokal. Thema: "Ein interessantes Erlebnis während des letzten Monats."
[h=2]Zwei Geräte im Vergleich[/h]Vor dem Gespräch hatte Przybylski ein Handy oder ein Notebook in der Nähe der Probanden abgelegt. Obwohl das Gerät nicht im unmittelbaren Blickfeld der Gesprächspartner lag, führte der Eingriff zu messbaren Effekten: Die Teilnehmer aus der Mobiltelefon-Gruppe waren nach der 10-minütigen Unterhaltung weniger positiv gestimmt. Was sich etwa daran zeigte, dass sie dem Satz "Wenn wir einander öfter sehen würden, könnten wir Freunde werden" seltener beipflichteten. Und sie berichteten auch, ihrem Gesprächspartner nicht so nahe gewesen zu sein, wie jene aus der Vergleichsgruppe.
[h=2]Verminderte Intimität[/h]Ähnliche Resultate erbrachten Versuche mit anderen Gesprächsthemen, die zwischen "dem bedeutendste Moment des letzten Jahres" und Belanglosigkeiten angesiedelt waren. Auch hier empfanden die Notebook-Probanden mehr Intimität, während die Handy-Fraktion die Konversation als eher oberflächlich erlebte.
Wie Przybylski im "Journal of Social and Personal Relationships" schreibt, waren sich die Teilnehmer der Existenz der abgelegten Gadgets gar nicht bewusst. Was darauf hinweist, dass hier ein Mechanismus am Werk ist, den Psychologen "unbewusstes Priming" nennen.
Gegenstände, Bilder, Tätigkeiten - all das kann die Stimmung und Denkweise mit einem "Priming", einem unbewussten "Drall" versehen: So zeigen etwa Studien, dass die Gegenwart eines Aktenkoffers Menschen durchsetzungsfreudiger macht. Und der Kontakt mit Wörtern wie "folgen", "kopieren" und "respektieren" zu konformistischem Verhalten führt.
Dass die Existenz eines Telefons Gespräche verflachen lässt, erklärt Przybylski durch den Symbolgehalt des Geräts: Das Handy rufe Assoziationen zu größeren sozialen Netzwerken hervor und lenke damit tendenziell von der Intimität des Vier-Augen-Gesprächs ab. Ob das auch für Festnetztelefone sowie für Gespräche unter Freunden gilt, bliebe noch zu klären. Für Przybylski ist das Resultat jedenfalls ein Paradox: "Mobiltelefone können Menschen verbinden. Aber sie können diese Verbindung durch ihre schiere Präsenz auch hemmen."
Robert Czepel, science.ORF.at
Das Handy als Konversationskiller - science.ORF.at
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