Die Freiheit und der Geschäftssinn
Einen Tag vor der Debatte im deutschen Bundestag zum Leistungsschutzrecht ist der Internetkonzern Google in die Offensive gegangen. „Verteidige dein Netz“, lautet die Botschaft auf Google.de. Im Hintergrund schwelt ein Streit zwischen Google und Verlegern: Google mache das große Geld, die Verleger schauten mit ihrem Webcontent finanziell durch die Finger, so der Vorwurf an Google.
Die von Google nun lancierte Aktion richtet sich gegen das von der schwarz-gelben Koalition geplante Leistungsschutzrecht zugunsten von Presseverlagen. Am Donnerstag wird in erster Lesung im Parlament debattiert. „Ein Leistungsschutzrecht bedeutet weniger Informationen für Bürger und höhere Kosten für Unternehmen“, begründete Stefan Tweraser, Country Director von Google Deutschland, die Kampagne.
Das umstrittene Leistungsschutzrecht soll Presseverlagen „das ausschließliche Recht“ geben, „Presseerzeugnisse zu gewerblichen Zwecken im Internet öffentlich zugänglich zu machen“. Damit müssten Anbieter wie Google die Darstellung von kleinen Textauszügen auf ihren Websites bei den Verlagen lizenzieren oder darauf verzichten.
Screenshot GoogleGoogle sucht seit Mittwoch Verbündete im Netz gegen das geplante deutsche Leistungsschutzrecht
Verleger wollen „fair“ beteiligt werden
Die Befürworter eines Leistungsschutzrechtes verweisen auf Milliardenerlöse beim Geschäft mit Onlinewerbung bei der Internetsuche. Die Verleger müssten daran fair beteiligt werden.
Der Vorstoß richtet sich insbesondere gegen Suchmaschinen wie Google. Die gewerbliche Nutzung von Presseerzeugnissen im Internet könnte nach einem Beschluss durch den deutschen Gesetzgeber innerhalb einer Jahresfrist insbesondere für Suchmaschinenbetreiber und News-Aggregatoren kostenpflichtig sein. Inkasso und Verteilung der Entgelte soll eine Verwertungsgesellschaft wahrnehmen. Offen ist weiterhin, wo die Grenze zwischen der kostenpflichtigen gewerblichen Nutzung und der privaten Nutzung verlaufen soll. Die private Nutzung soll ja weiterhin frei stattfinden können.
Die Standpunkte in Österreich
Mit großem Interesse verfolgt man die Debatte und den möglichen Gesetzesbeschluss auch in Österreich, wo sich der Verband der Österreichischen Zeitungsverleger (VÖZ) entsprechende Regeln erwartet. Die Umsetzung eines Leistungsschutzrechts ist für den neuen VÖZ-Präsidenten Thomas Kralinger, wie er Mitte November betonte, die „Priorität Nummer eins“: „Erst der Rechtsschutz für Content und die Durchsetzbarkeit von Leistungsschutzrechten machen Erlösmodelle für den Qualitätsjournalismus im Web möglich“, so Kralinger.
„Ein Leistungsschutzrecht schadet dem Internet in Österreich“, hält dem der Unternehmenssprecher von Google Austria, Wolfgang Fasching-Kapfenberger, entgegen: „Wenn Suchmaschinen und ähnliche Dienste Suchergebnisse freiwillig ins Netz gestellter Medienartikel nicht mehr verwenden dürfen, wird das Suchen und Finden im Internet massiv gestört. Das bedeutet weniger Informationen für die Nutzer und höhere Kosten für Unternehmen.“
Außerdem, erinnerte Fasching-Kapfenberger, profitierten Presseverlage in erheblichem Umfang von Suchmaschinen und anderen Onlinediensten: „Alleine durch Google werden weltweit pro Minute 100.000 Klicks an Verlagsseiten weitergeleitet, die diese für sich nutzen können.“
Verleger machten Druck auf Merkel
Für Gegner des Leistungsschutzrechtes in Deutschland, die sich direkt an die Abgeordneten aus ihrem Wahlkreis wenden möchten, hat Google eine eigene „MdB-Landkarte“ erstellt. Dort werden öffentlich zugängliche Kontaktinformationen der Parlamentarier und ihrer Büros zusammengefasst angeboten.
Für das Leistungsschutzrecht und eine Reform des Wettbewerbsrecht hatten sich zuletzt Verleger wie Hubert Burda direkt bei der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) starkgemacht. Die Regierungskoalition hatte Anfang März ihre bereits im Koalitionsvertrag festgehaltene Absicht bekräftigt, ein Leistungsschutzrecht als Teil einer Reform des Urheberrechts einzuführen.
Debatte nun doch im Plenum
Der Gesetzesentwurf für ein Leistungsschutzrecht zugunsten von Presseverlagen wird nun doch in einer Debatte im Plenum des Bundestags diskutiert. Ursprünglich war vorgesehen, die Beiträge zur ersten Lesung lediglich schriftlich zu Protokoll zu geben.
Netzaktivisten hatten gegen dieses Verfahren protestiert und eine richtige Debatte gefordert. Wie die Abstimmung ausgeht, darf mit Spannung erwartet werden. Denn die Reihen der Befürworter und Gegner geht quer durch die Parteien. Am Rand haben sich im Netz Plattformen gegen das Leistungsschutzrecht gebildet, auf denen auch bekannte Journalisten wie Jakob Augstein auftreten.
Frankreich könnte deutschem Modell folgen
Beobachtet wird die Debatte auch in Frankreich, wo man ebenso über eine entsprechende Regelung nachdenkt. Ende Oktober war Google-Verwaltungsratschef Eric Schmidt zum französischen Präsidenten Francois Hollande gepilgert, um ihn von entsprechenden Plänen abzubringen.
Für Google wie die Verleger, die im digitalen Zeitalter ohnedies mit wegbrechenden Printwerbeerlösen zu kämpfen haben, geht es ums Geld und um Geschäftsmodelle, für die Nutzer des Internets um den Zugang zu Informationen. Offen bleibt die Frage, wie lange noch welcher Content im Web frei zu sehen sein wird. Auf der anderen Seite steht die Einsicht, dass sich die Neigung der Nutzer, für Artikel im Web zu bezahlen, sehr in Grenzen hält. Im Hintergrund stellen Publizisten und Medienfachleuchte die Frage, wie Qualitätsjournalismus unter den Gegebenheiten des Netzes in Zukunft finanziert werden kann.
Google-Konter gegen Verlage - news.ORF.at
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