Britische Ex-Premierministerin Thatcher tot
Margaret Thatcher ist mit 87 Jahren gestorben, wie ihr Sprecher Lord Tim Bell am Montag in London bekanntgegeben hat. Als erste Premierministerin Großbritanniens prägte sie mehr als ein Jahrzehnt die Geschicke des Königreichs. Den Beinamen „Eiserne Lady“ hatte sie sich mit ihrer kompromisslosen konservativen Politik erarbeitet. Zuletzt erlitt Thatcher immer wieder Schlaganfälle.
„Mit großer Betroffenheit haben (ihre Kinder) Mark und Carol Thatcher bekanntgegeben, dass ihre Mutter, Baronin Thatcher heute Morgen an den Folgen eines Schlaganfalls friedlich verstorben ist“, sagte Bell. In einer ersten Reaktion erklärte auch Königin Elizabeth II. ihre Trauer über den Tod Thatchers. Nach Angaben ihrer Tochter war sie seit Jahren dement. Sie hatte sich nur noch selten in der Öffentlichkeit gezeigt.
Mit „Thatcherismus“ aus der Krise
Als die studierte Juristin und Chemikerin als erste weibliche Frau Regierungschefin eines westlichen Landes wurde, war Großbritannien der „kranke Mann Europas“. Mit ihrem Rezept - weniger Staat, weniger Steuern, weniger Macht für die Gewerkschaften, mehr Privatisierung - krempelte sie das Land um. Die „Thatcherismus“ genannte Politik brachte die Wirtschaft allmählich wieder in Schwung.
Sie stand aber auch für die soziale Kälte einer radikalen Marktwirtschaft und entfesselte unkontrollierbare Finanzmärkte. Außenpolitisch wehrte sich Thatcher massiv gegen das „bürokratische Gebilde“ Europäische Union. Ihre Worte „Ich will mein Geld zurück“, mit denen sie den „Britenrabatt“ beim Gemeinschaftsbudget durchsetzte, sind legendär geworden. Im Falkland-Krieg von 1982 verteidigte sie die britische Souveränität über die Inselgruppe im Südatlantik.
Aus kleinbürgerlichen Verhältnissen
Margaret Hilda Thatcher, geborene Roberts, wurde 1925 in Grantham/Lincolnshire als Tochter eines Greißlers und Kommunalpolitikers geboren. Sie studierte in Oxford Chemie und arbeitete einige Jahre als Chemikerin, unter anderem in dem Team, das das Softeis erfand. 1951 heiratete sie den wohlhabenden Unternehmer Denis Thatcher, 1953 brachte sie die Zwillinge Carol und Mark zur Welt.
Nach zwei vergeblichen Anläufen 1950 und 1951 gelang ihr 1959 im Nordlondoner Wahlbezirk Finchley der ersehnte Sprung ins Unterhaus. Es folgte eine steile politische Karriere für Thatcher, die mittlerweile auch ein Studium der Rechtswissenschaft abgeschlossen hatte. Mit 36 Jahren trat sie 1961 als parlamentarische Sekretärin im damaligen Renten- und Versicherungsministerium in die konservative Regierung Macmillan ein und behielt diesen Posten bis zum Sieg der Labour Party im Oktober 1964.
Steile Karriere
Danach war sie Sprecherin ihrer Partei im Unterhaus. Im Schattenkabinett von Parteichef Edward Heath war sie zunächst für Transportfragen, später für das Erziehungswesen zuständig. Nach dem Wahlsieg der Konservativen 1970 wurde sie Kultur- und Wissenschaftsministerin und kam so zu ihrem ersten Beinamen. Als „Milchräuberin“ wurde Thatcher in dieser Funktion berühmt, weil sie die Gratismilch an Volksschulen abschaffte.
1974 wurden die Torys abgewählt, in einer Kampfabstimmung gegen den damaligen Amtsinhaber Heath wurde „Maggie“ als erste Frau 1975 Vorsitzende der Konservativen Partei.
Eisern gegen Kommunisten
Der Spitzname „Eiserne Lady“ stammte aus einem Kommentar Radio Moskaus im Jahre 1976, nachdem die erklärte Antikommunistin die Sowjetunion scharf attackierte. „Die Russen haben gesagt, dass ich eine ‚Eiserne Lady‘ sei. Und sie hatten Recht“, sagte Thatcher beim Abtreten von der politischen Bühne. „Großbritannien braucht eine ‚Eiserne Lady‘“, meinte Thatcher, die diesen Beinamen immer als Ehrentitel verstand. Nach einem deutlichen Wahlsieg ihrer Partei im Jahre 1979 wurde sie als erste Frau in der Geschichte Großbritanniens Premierministerin.
Reuters/Michael UrbanThatcher 1988 bei einem Besuch in Deutschland
Mit der Handtasche gegen Brüssel und Argentinien
Mit dem früheren amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan pflegte Thatcher besonders enge Kontakte: Sie sah im amerikanischen Wirtschaftsmodell ein Vorbild, um dem damals angeschlagenen Großbritannien wieder auf die Beine zu helfen. Auch außenpolitisch herrschte Einigkeit zwischen beiden, indem sie entschlossen gegen die militärische Bedrohung durch die Sowjetunion Front machten. Mit dem legendär gewordenen Spruch „I want my money back“ und Handtaschen schwingend erreichte sie den bis heute - in abgeschwächter Form - gültigen „Britenrabatt“ zur Finanzierung der EU.
Auch in einen Krieg führte Thatcher das Land: Nach der argentinischen Invasion auf den Falkland-Inseln 1982 entsandte sie ein Expeditionsheer, dem sich die argentinischen Truppen 73 Tage später ergeben mussten. Mehr als 900 Menschen kamen in dem Krieg ums Leben. Der Krieg mit Argentinien um die kleinen Inseln verschaffte Thatcher einen Popularitätsschub, so gelang der durch ihre drastischen Reformen unbeliebt gewordenen Premierministerin die Wiederwahl.
„Poll Tax“ wurde ihr zum Verhängnis
Ein anderes Reformprojekt sollte ihr zum Verhängnis werden: Die geplante Einführung der „Poll Tax“, einer Kopfsteuer ungeachtet des Einkommens, sorgte für breite landesweite Proteste. Im März 1990 kam es in London nach einer Großdemonstration zu gewalttätigen Ausschreitungen, „Battle of Trafalgar Square“ nannten Medien die Straßenschlacht mit Dutzenden Verletzten. Thatchers Umfragewerte waren im Keller. Und innerhalb der eigenen Reihen war nicht nur die Steuer umstritten, der aufgestaute Ärger über ihren autoritären Führungsstil entlud sich in offenen Grabenkämpfen. Eine erste Kampfabstimmung um den Parteivorsitz konnte sie noch parieren, Ende November 1990 trat sie zurück.
Seit dem Tod ihres Mannes Denis im Juni 2003 lebte Thatcher allein in ihrem vierstöckigen Haus im Londoner Stadtteil Belgravia, mehrere Hausangestellte betreuten sie. Aus der Öffentlichkeit hatte sich Thatcher nach mehreren Schlaganfällen und einer fortschreitenden Demenzerkrankung völlig zurückgezogen.
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