Wer drehte den Handy-Film?
Die irakischen Behörden haben Ermittlungen aufgenommen, um denjenigen zu finden, der das Video von der Hinrichtung Saddam Husseins mit einem Handy aufgenommen hat. Die Regierung wolle herausfinden, wie die Bilder trotz der Anwesenheit von Sicherheitskräften aufgenommen werden konnten, zitierte das irakische Staatsfernsehen einen Sprecher der Vereinigten Irakischen Allianz, die die Mehrheit im Parlament stellt. Die Ermittlungen konzentrierten sich auf die Sicherheitskräfte, sagte Sami al Askari, ein enger Berater von Regierungschef Nuri al Maliki.
Spott und Hohn während der Hinrichtung
Ein Handyfoto zeigt Saddam Hussein unmittelbar vor der Erhängung. (Foto: Reuters) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Ein mit einem Handy aufgenommenes Foto zeigt Saddam Hussein unmittelbar vor der Erhängung.]
Es sollten auch jene ausfindig gemacht werden, die dafür verantwortlich sind, dass die Bilder ins Internet kamen, hieß es weiter. In dem zwei Minuten und 38 Sekunden langen Video ist entgegen den von der Regierung veröffentlichten Aufnahmen zu sehen und zu hören, wie Saddam bis zum letzten Moment beschimpft und verhöhnt wird. Anwesende rufen unter anderem den Namen von Saddams größtem schiitischen Widersacher, dem Radikalen Muktada al Sadr. Der bei der Exekution anwesende Staatsanwalt Munkith al Farun erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, er habe die Hinrichtung wegen der Beschimpfungen beinahe abgebrochen.
Wer drehte den Handy-Film von Husseins Hinrichtung? Video: Video Diskussion um Handy-Video von der Hinrichtung Saddam Husseins tagesthemen 22:15 Uhr
[Golineh Atai, ARD Kairo]
Er vermute, dass zwei hochrangige Behördenmitarbeiter das inoffizielle Video aufgenommen hätten, sagte Farun. "Einen von ihnen kenne ich. Er ist ein ranghoher Regierungsmitarbeiter." Der Staatsanwalt wollte aber keine Namen nennen. Den anderen Amtsträger kenne er nur vom Sehen. Die beiden hätten Mobilfunktelefone mit Kameras gehalten. "Ich weiß nicht, wie sie ihre Handys da hineinbekommen haben, weil uns die Amerikaner alle unsere Telefone abgenommen haben, sogar meines, das keine Kamera hat." Die Behörden gehen nach eigenen Angaben bisher davon aus, dass ein Wächter das Video aufgenommen hat.
Die Handy-Aufnahme von der Exekution ihres Erzfeindes wurde unter den Schiiten des Landes schnell weiterverbreitet. Im irakischen Fernsehen waren lediglich Aufnahmen von der Vorbereitung der Hinrichtung am Samstag zu sehen und dann die Leiche Saddam Husseins.
Letzte Ehre für Saddam
Indes pilgern noch immer zahlreiche Anhänger Saddams zu dessen letzte Ruhestätte nahe seiner Heimatstadt Tikrit. Die Menschen strömten in dutzende errichtete Trauerzelte, um Saddam die letzte Ehre zu erweisen.
Saddam Husseins Beisetzung (Foto: REUTERS) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Anhänger Saddam Husseins bei der Beisetzung des hingerichteten Ex-Diktators in Audscha. (31.12.06)]
Aufgebrachte Iraker protestieren in Tikrit gegen die Hinrichtung Saddam Husseins. (Foto: AP) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Auch mehrere Tage nach der Hinrichtung protestieren aufgebrachte Iraker wie hier in Tikrit gegen die Exekution.]
Proteste gegen Hinrichtung
Wütende Proteste gegen die Hinrichtung gab es in Samarra. Dort trugen Demonstranten eine Sarg-Attrappe mit einem Foto Saddams durch die Ruinen der schiitischen Askarija-Moschee. Diese wurde bei einem Bombenanschlag der Sunniten im vergangenen Februar schwer beschädigt, was eine Spirale von Gewalt zwischen Sunniten und Schiiten zur Folge hatte.
Auch im Norden von Bagdad und in der Ortschaft Dor gingen hunderte Menschen auf die Straße und protestierten gegen die Hinrichtung ihres früheren Präsidenten. In der Hauptstadt wurden zudem drei Iraker bei einem Bombenanschlag getötet. Auch die US-Streitkräfte meldeten den Tod eines weiteren Soldaten. Damit stieg die Zahl der Opfer auf der US-Seite seit Kriegsbeginn auf 3003.
Quelle: Tagesschau.de