Das Internet verliert einen weiteren unabhängigen Dienst: Yahoo-Chefin Marissa Mayer kauft für 1,1 Milliarden US-Dollar den Blog-Dienst Tumblr. Um die Millionen Nutzer nicht zu verschrecken, soll alles beim Alten bleiben. Bei Analysten stieß der hohe Kaufpreis auf Verwunderung.
Nun ist es offiziell: Der Internetkonzern Yahoo kauft den Blog-Dienst Tumblr für 1,1 Mrd. US-Dollar (855 Mio Euro). Der Dienst solle eigenständig weitergeführt werden, erklärte Yahoo. Gründer David Karp bleibt Tumblr-Chef - und wird dank des Deals zum Multimillionär. Yahoo habe das Versprechen abgebeben, es "nicht zu verderben", schrieb Yahoo-Chefin Marissa Mayer in einem extra aufgesetzten Tumblr-Blog.
Auf der Plattform können Nutzer Texte, Bilder, Zitate, Links und Video- sowie Audio-Dateien in einem Blog veröffentlichen. Hier sind vor allem junge Menschen aktiv, die nicht so stark an traditionelle Portale oder E-Mail-Services gebunden sein wollen
Ein Jahr nach dem Kauf der Foto-Plattform Instagram durch Facebook ist mit Tumblr damit die nächste schnell wachsende Internet-Firma vom Markt. Weiterhin unabhängig sind noch etwa der Kurzmitteilungsdienst Twitter oder der Fotodienst Pinterest.
Yahoo braucht jüngere Nutzer
Yahoo verfolgt mit dem Kauf einen genauen Plan: Der Internet-Pionier kämpft schon seit Jahren mit einem Rückgang der Werbeerlöse. Die frühere Google-Managerin Mayer, die im vergangenen Jahr an die Konzernspitze berufen wurde, will das Problem unter anderem mit einem Fokus auf attraktive Inhalte und die Websuche anpacken. Mayer sondiere auch mehrere weitere Übernahme-Möglichkeiten, hieß es im "Wall Street Journal".
Yahoo-Aktien stiegen um magere 0,2 Prozent. Experten kritisierten den Kaufpreis als sehr hoch. Medienberichten zufolge machte Tumblr mit Sitz in New York 2012 nur einen Umsatz von 13 Millionen Dollar. Brian Wieser vom Anlage-Berater Pivotal Research sagte: "Eine Milliarde Dollar für ein Unternehmen ist eine große Wette." Um das Geschäft anzukurbeln, werden Yahoo und Tumblr vor allem bei der Werbung zusammenarbeiten, der Haupteinnahmequelle. Yahoo betreibt neben Google und Facebook eines der größten Anzeigensysteme im Internet.
Mayer verspricht sich durch den Tumblr-Zukauf eine 50-prozentige Zunahme der Besucher. Vor allem junge Leute sind gern gesehen: Der Konzern räumt selbst ein, dass er ein Defizit in der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen hat, die Yahoo zunehmend den Rücken kehren.
Bei Tumblr soll sich nichts verändern
Damit der Plan aufgeht, darf Yahoo die Tumblr-Nutzer mit der Übernahme aber nicht verschrecken. Yahoo versuchte solchen Befürchtungen denn auch gleich vorzubeugen: "Unser Team wird sich nicht verändern. Unsere Zukunftsplanung wird sich nicht verändern", beteuerte Tumblr-Gründer Karp, der weiter am Steuer des Dienstes sitzen soll. Durch die Übernahme stünden nun sogar mehr Ressourcen zur Verfügung.
Bei vorherigen Zukäufen hatte sich Yahoo zwar gerne die Technik und die Talente gesichert, aber die Dienste oftmals direkt im Anschluss eingestellt. So war es beispielsweise im März bei der Nachrichten-App Summly des jungen britischen Entwicklers Nick D'Aloisio.
Aus dieser Sorge heraus flüchteten scheinbar bereits die ersten Tumblr-Nutzer zum Alternativdienst WordPress. An einem normalen Sonntag würden 400 bis 600 Tumblr-Einträge zu WordPress herübergeholt, schrieb dessen Chef Matt Mullenweg am Wochenende. "In der vergangenen Stunde waren es mehr als 72.000."
Die 2007 gegründete Plattform Tumblr wird von Mio. Bloggern genutzt. Auf ihr finden sich fast 108 Mio. Blogs und über 50 Mrd. Einträge. Der Dienst macht es Nutzern leicht, einfache Blogs aufzusetzen und Inhalte zwischen ihnen zu teilen. Viele der Tumblr-Blogs setzen stark auf Bilder und Videos. Das Unternehmen hat 175 Angestellte. Laut dem Magazin "Forbes" hatten auch Facebook und Microsoft Interesse an Tumblr angemeldet, allerdings habe sich Yahoo ein Vorkaufsrecht gesichert.